Frankreich:Gewalt auf der Champs-Elysées

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Morde und Überfälle bringen die Pariser Legende in Verruf - Anwohner trauen sich nachts nicht mehr aus dem Haus.

Die Franzosen sagen, sie sei "die schönste Straße der Welt". Millionen Touristen flanieren jedes Jahr über die Pariser Prachtstraße Champs-Elysées und bestaunen die Auslagen in den Luxusgeschäften von Cartier oder Louis Vuitton. Doch viele aus der schicken Gegend im achten Bezirk der französischen Hauptstadt fürchten mittlerweile um den Ruf der Straße: Eine Serie von Morden und spektakulären Raubüberfällen drohen Kundschaft und Touristen zu verschrecken. Einige Anwohner trauen sich nachts schon nicht mehr aus dem Haus.

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:Champs Élysées

Von der Pracht- zur Einkaufsstraße: Auf Paris' berühmter Flaniermeile verdrängen internationale Ketten alteingesessene Geschäfte und Restaurants.

Die Politik ist drei Monate vor den Kommunalwahlen alarmiert. Die Champs-Elysées vom Concorde-Platz bis zum Triumphbogen sei "die sicherste Straße Frankreichs", sagt der konservative Bezirksbürgermeister François Lebel. Doch nachts drohten in angrenzenden Straßen inzwischen schon Zustände wie im Pariser Vergnügungsviertel Pigalle, das eine lange Kriminalitätsgeschichte hat und jüngst auch Schauplatz von Straßenschlachten von Jugendbanden wurde.

Im November sorgte das französische Kriminalitätsbeobachtungszentrum OND für Aufregung, als es eine deutlich gestiegenen Zahl von Gewaltdelikten rund um die Champs-Elysées meldete. Demnach erhöhten sie sich im vergangenen Jahr um 32 Prozent auf 1233.

Für Schlagzeilen sorgen die spektakulären Fälle: Im November wurde ein Mann in einer angrenzenden Straße nach einem Streit in einem Restaurant durch Schüsse getötet. Im August wurde eine Frau verletzt, als wild um sich schießende Männer mit Kalaschnikow-Gewehren eine Disko überfielen. Und vor einigen Wochen wurde der ehemalige Leiter eines Kabaretts wegen Zuhälterei zu einer 18-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt.

"Ab einer bestimmten Uhrzeit kann man nicht mehr über die Champs-Elysées gehen", sagt José Viera, der in der Querstraße Rue Marbeuf wohnt. "Das ist eine sehr schlechte Atmosphäre." Seinen Töchtern hat er verboten, bei Nacht in dem Viertel auszugehen.

Auch die Hauptstadtpresse ist besorgt: "Die Champs-Elysées als Beute der Gewalt", titelte der Figaro jüngst. Der Parisien widmete zwei Seiten "dem anderen Gesicht der schönsten Straße der Welt" und spricht von "Gewalt, Erpressung und Prostitution".

Bürgermeister Lebel kritisiert die wachsende Zahl von Nachtclubs in der Nähe der zwei Kilometer langen Prachtmeile. Auch aus den Vorstädten komme die Kriminalität: "Das sind gewaltbereite Leute, ohne soziale Bindung, die in der Lage sind, mitten in der Nacht mit dem Revolver um sich zu schießen", sagt er.

Er fordert, dass die Behörden weniger Genehmigungen für Nachtclubs erteilen und hofft ansonsten darauf, dass die Polizei das Problem allmählich in den Griff bekommt. Die konnte jüngst vermelden, dass die Kriminalitätsrate in den ersten elf Monaten des Jahres nach dem spektakulären Anstieg von 2006 wieder um 4,6 Prozent gesunken ist.

© sueddeutsche.de/AFP/Anne-Laure Mondesert - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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