EU im Anti-Terror-Kampf:Eine "Risikoanalyse" für jeden Passagier

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Nach dem Vorbild der USA will auch die EU künftig Flugpassagierdaten speichern. Damit soll für jeden Fluggast eine "Risikoanalyse" möglich sein.

Die EU-Kommission will die umstrittene Speicherung von Flugpassagierdaten in den USA praktisch eins zu eins auf Europa übertragen. Das geht aus dem Entwurf eines Gesetzesvorschlags hervor, den die Nichtregierungsorganisation Statewatch noch vor der offiziellen Präsentation im Internet veröffentlichte.

Auch in der EU sollen Daten von Passagieren gespeichert werden. (Foto: Foto: AP)

Bei Flügen aus der EU in Drittstaaten und umgekehrt sollen die Airlines demnach bis zu 19 Datensätze der Passagiere an das betroffene EU-Land übermitteln. Es handelt sich dabei um dieselben Daten, die auch den US-Behörden zur Verfügung gestellt werden. Dazu zählen neben Namen, Anschrift und Emailadresse des Flugreisenden auch die Sitznummer und die Zahl der Gepäckstücke.

Lediglich die Speicherdauer ist mit insgesamt 13 Jahren etwas kürzer als im Passagierdaten-Abkommen mit den USA, wo die Behörden die Daten bis zu 15 Jahre lang aufbewahren können.

Mit den Daten soll für jeden Fluggast eine "Risikoanalyse" erstellt werden. Betroffen sind alle Fluggäste, die aus der EU in ein Drittland wie die Schweiz, die USA oder Ägypten reisen oder die aus einem Drittland kommen. Auf innereuropäischen Flügen sollen vorerst keine Daten erhoben werden.

Der Entwurf für ein europäisches Flugpassagierdaten-System sieht außerdem eine sofortige Löschung sogenannter sensibler Informationen vor, die Rückschlüsse etwa auf die Religionszugehörigkeit von Reisenden zulassen. Die US-Behörden behalten sich hingegen ausdrücklich die Möglichkeit vor, in bestimmten Fällen auch auf solche Daten zurückzugreifen.

Das europäische Flugpassagierdaten-System soll nach den Vorstellungen der EU-Kommission spätestens am 31. Dezember 2010 funktionsfähig sein. Gespeichert werden sollen sowohl die Daten von Drittstaatsangehörigen als auch von EU-Bürgern.

Die Fluggesellschaften sollen dazu bei Verbindungen zwischen Europa und anderen Weltregionen ihre Buchungs-Informationen an den EU-Staat übermitteln, in dem ihre Maschine landet oder startet. Jede Regierung soll mit der Datenspeicherung eine spezielle Behörde beauftragen, die die Informationen dann "an Strafverfolgungsbehörden weitergeben kann, die für die Bekämpfung von terroristischen Vergehen und organisiertem Verbrechen zuständig sind".

Austausch unter EU-Staaten möglich

Auch ein Austausch der Passagierdaten unter den 27 EU-Staaten wäre nach dem Entwurf möglich. Jede EU-Regierung kann danach eine andere um spezifische Datensätze bitten, wenn sie diese zur Bekämpfung von Terrorismus oder organisiertem Verbrechen benötigt.

Der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission bedarf der Zustimmung aller 27 Mitgliedstaaten, dem Europaparlament hingegen wird nur eine beratende Rolle zugestanden. Die britische Nichtregierungsorganisation Statewatch kritisierte dies scharf. "Dies ist eine weitere Maßnahme, die jedermann der Kontrolle unterwirft und jeden zu einem 'Verdächtigen' macht", erklärte Statewatch in einer Pressemitteilung.

Auch die Datenschutzbeauftragten der Mitgliedstaaten stehen der Einführung eines europäischen Flugpassagierdaten-Systems kritisch gegenüber, wie die EU-Kommission im Entwurf ihres Gesetzesvorschlags selbst einräumt. Die Datenschutzexperten seien um Stellungnahme gebeten worden und seien "von der Notwendigkeit eines solchen Vorschlags nicht überzeugt", heißt es in dem Papier.

Die USA nutzen seit 2003 die Daten von EU-Flugreisenden zur Terrorismus-Bekämpfung. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte dafür geworben, das von Datenschützern kritisierte System auch in Europa einzurichten.

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