Essen auf der Alm:Mehr als Kaiserschmarrn

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Pommes und Cola auf der Alm? Nicht auf der Gampe Thaya. Die Wirtsleute sind Vorreiter der regionalen Küche. Ein Gespräch über eingezetteltes Sauerkraut und Löwenzahnhonig.

Interview von Monika Maier-Albang

Die Familie Prantl betreibt seit Jahrzehnten die Almwirtschaft Gampe Thaya im Ötztal. In der Küche steht heute meist die 25-jährige Tochter Anna-Lena, von ihrem Vater Jakob Prantl hat sie nicht nur gelernt, wie man Kaiserschmarrn macht. Sondern auch seine Vision einer nachhaltigen, regionalen Almküche übernommen. Pommes und Cola gibt es auf der Gampe Thaya nicht, dafür Carpaccio vom selbstgezüchteten Tiroler Grauvieh und Löwenzahnhonig.

SZ: Frau Prantl, können Sie uns erklären, warum eine Almwirtschaft nicht ohne Kaiserschmarrn auskommt?

Anna-Lena Prantl: Die Leute lieben den Kaiserschmarrn, weil es ein einfaches Gericht ist. Das, was man mit Essen auf der Alm sofort verbindet. Und sättigend ist er auch. Ist ja so viel Butterschmalz drin. Aber man muss schon auch kreativ sein und Sachen anbieten, die es nirgends sonst gibt. Deshalb haben wir uns das mit dem Carpaccio ausgedacht.

Ist das nicht zu schick für die Alm?

Anna-Lena Prantl: Ein paar Leute fanden das schon. Aber die meisten stehen total drauf.

Jakob Prantl: Den Kaiserschmarrn bereiten wir ab und an, wenn Gruppen kommen, wie früher auf dem Holzofen zu. Die Leute sagen, dass er so besser sei. Ich kann da zwar keinen Unterschied feststellen, das Rezept ist ja das gleiche. Aber das Auge isst halt auch mit, gell.

Was mögen die Gäste am liebsten?

Anna-Lena Prantl: Speckknödel, Käseknödel, Gulaschsuppe, Käsespätzle mit unserem eigenen Käse. Nummer eins aber ist und bleibt der Kaiserschmarrn. Im Winter wie im Sommer. Der Unterschied ist nur, dass die Gäste sich im Winter nicht so viel Zeit nehmen zum Essen, da wollen sie schnell wieder auf die Piste. Im Sommer sitzen sie gemütlich auf der Terrasse und genießen mehr.

Den Kaiserschmarrn könnte man doch zu Hause auch machen?

Anna-Lena Prantl: Eigentlich schon, aber wahrscheinlich schmeckt's in der Höhe einfach besser als im Tal.

Jakob Prantl: Selber machen kannst ihn daheim so nicht, weil wir eine eigene Mehlmischung haben. Und wichtig ist auch, dass man gute Milch nimmt. Wir kochen mit Roh- und Vollmilch, vier Prozent Fett. Und die Eier, die wir verwenden, sind vom heimischen Bauern. Da gehen die Hühner ins Grüne hinaus, das schmeckt einfach anders. Industrie-Eier wären billiger, da würde ich 13 Cent pro Stück bezahlen. Wir geben den Bauern zwischen 30 und 35 Cent. Weil wir wollen, dass die Natur intakt bleibt. Eigentlich dürften wir die Eier nicht hernehmen, sind ja keine Stempel drauf. Wenn der Lebensmittelinspektor kommt, kriege ich auch immer eine Rüge.

Was bieten Sie aus Überzeugung nicht an auf der Alm?

Jakob Prantl: Vieles. Keine Cola, Fanta, Sprite. Da ist zu viel Zucker drin. Und wir wollen unsere heimischen Fruchtsaftmacher unterstützen. Die verarbeiten Himbeeren, Holunder, Erdbeeren. Anfangs, vor 20 Jahren, sind sehr viele Leute aufgestanden und nicht mehr gekommen, weil das ja fast eine Katastrophe ist, wenn's keine Pommes und keinen Germknödel gibt. Dabei wäre es für uns viel einfacher, so zu kochen. Wahrscheinlich würde auch mehr Geld übrig bleiben, aber wir wollen keine aufgetauten Industrieprodukte. Und heute kommen die Leute auch genau deshalb zu uns. Ich sag immer: "Geht die Kuh, geht die Kultur, geht der letzte Gast."

Anna-Lena Prantl: Wir kochen ja auch selbst Erdbeeren ein, und Heidelbeeren, die die Bauern uns bringen. Die Marillen kommen aus der Wachau. Für den Löwenzahnhonig kochen wir die Blüten mit viel Zucker fünf Stunden lang zu Honig ein. Das ist ein Rezept von der Oma. Die haben halt gekocht mit dem, was in der Natur da war. Das Sauerkraut machen wir auch wie früher, das wird eingezettelt, so sagt man bei uns. Zuerst von Hand in ein Fass gehobelt, dann gestampft, dann kommen Wacholderbeeren, Lorbeerblätter und Kräutersalz dazu.

In Sölden, im Tal unten, hat man eine andere Kultur. Mehr Rummel.

Jakob Prantl: Den haben wir im Gebirge schon auch. Aber wir versuchen, das nicht immer noch mehr anzuheizen. Die Leute kommen doch eh schon gestresst, die fahren Hunderte Kilometer hierher, damit sie Ruhe finden. Wenn wir ihnen die bieten können, dann haben wir einen guten Job gemacht.

© SZ vom 16.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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