Ende der Reise:Nur für Erwachsene

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Früher wiesen manche Hotels eher verschämt darauf hin, dass Kinder bei ihnen unerwünscht sind. Heute werben sie damit ganz offen.

Von Dominik Prantl

Kinder an die Macht, hat der Grönemeyer mal gesungen. Abgesehen davon, dass sich der Titel nahtlos einreiht in die Liste seiner geistreichen Zeilen wie "Bleibt alles anders", "Deine Liebe klebt" oder "Schmetterlinge im Eis" muss man sich fragen: Ist es nicht schon so weit? Die Indizien häufen sich jedenfalls, dass uns der Nachwuchs langsam zu einem Schattendasein verdonnert. Dabei geht es gar nicht einmal um jene Machthaber, Schauspieler und Fußballexperten, die in ihrer Persönlichkeitsentwicklung offenbar nie über die Pubertät hinausgekommen sind. Nein, gerade jetzt in der Ferienzeit fällt auf, wie sehr der Tourismus von Kinderhand regiert wird: Dem Geschrei des Neugeborenen beim Frühstück folgt eine Arschbombe des kleinen Max im Pool, und abends zwingt die schon wieder schwangere Familienmama den Sitznachbarn zum Löschen der verdienten Zigarette. Da sollten wir doch alle dankbar sein, wenn von Hotels immer häufiger jenes Motto ausgegeben wird, das sich früher auf Etablissements wie Bordelle, eine bestimmte Sorte von Videotheken und Säuferkneipen beschränkte: adults only. Nur für Erwachsene. Auch wenn sich die ewige Frage stellt, inwieweit man Intoleranz tolerieren soll, darf man die Betreiber solcher Zufluchtsorte natürlich auf keinen Fall leichtfertig verurteilen. Schließlich sind wir ja hier in einer freien Marktwirtschaft, wo jeder das anbieten darf, was auch nachfragt wird. Der eine hat während des Urlaubs die Nase voll von Aktien und dem Geldverdienen, der andere eben von Kindern und Enkeln. Ist der Alltag nicht ohnehin grausam genug? Muss man auch noch im Urlaub mit dem Elend der anderen konfrontiert werden? Sollte es nicht endlich auch Refugien ohne Rentner, Flugzeugsitze nur für Schmalhüftige und Strände ohne Flüchtlinge geben? Man muss sich dieses Elysium, dieses Glück, all diese Lasten vor die Zimmertüre verbannen zu können, einmal vorstellen: Keine Alten, keine Dicken, keine Kinder!

Am Ende könnten sich tadellose Menschen in ihren Designeruniformen endlich in aller Ruhe bei einem Glas Champagner über ihre schwarzen Porschepanzer, das Geldverdienen oder Aktienkäufe unterhalten. Wahrscheinlich gehen sie sich irgendwann derart auf die unbehelligten Nerven, dass sie sich in ihre Hotelzimmer mit Yin-Yang-Pool einkasernieren und vom Kinderkriegen träumen. Und das wäre dann doch wirklich mal ein Fortschritt.

© SZ vom 20.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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