Ende der Reise:Der Beat des Brauchtums

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Vor dem Hacken kommt das Schärfen der Axt. (Foto: Catherina Hess)

Almkäse-Olympiaden, Sensen-Wettmähen und Holzhackermeisterschaft, es gibt viele alpine Sportarten, mit denen man Touristen ködert.

Von Dominik Prantl

Heute mal Plutarch zum Einstieg. "Der Geist ist nicht wie ein Gefäß, das gefüllt werden soll, sondern wie Holz, das lediglich entzündet werden will." Hat er sich so gedacht, der Plutarch, und die Rechnung natürlich ohne das Zillertal gemacht. In der Heimat der Skigebiete und Schürzenjäger, genauer: in Tux-Lanersbach, finden am Wochenende nämlich wieder einmal die Zillertaler Holzhackmeisterschaften statt, zum zehnten Mal schon. Und die Zillertaler wären ja schön blöd, wenn man das nicht so ein bisserl touristisch ausschlachten würde, weil schließlich nicht nur Kleinvieh Mist macht. Tux-Lanersbach verspricht also die "besten Holzhacker aus dem Zillertal und der Umgebung, wie sie mit viel Kraft, der richtigen Technik und beachtlichem Tempo aus den Tuxer Wäldern Kleinholz machen". Und: Der Sieger erhält das gesamte gehackte Holz.

Da kann man sich jetzt als Jünger Plutarchs auf die Schenkel klopfen - Geist wird zu Spanplatte und so - oder eine raffinierte Kampagne der Skigebietsbetreiber wittern, die anschließend nicht einmal mehr selber Schneisen in die Bergwälder schlagen müssen. Aber in Wirklichkeit ist es doch genau das, was wir suchen: nicht dieses schürzenjägerische Gejohle wie das sicher von Holzhackern inspirierte "Treff' ma uns in der Mitt'n", sondern der klare Beat des Brauchtums, ein schnörkelloses Stakkato bis hin zum Spreißel. Die Liebe zu den Tälern ist ja auch nur ein zarter Holzspan, der bei den Urlaubern lediglich entzündet werden muss, oder so ähnlich, und am besten funkt's noch immer mit der Tradition. Die Zillertaler haben das keineswegs exklusiv. Ob Meisterschaften im Sensenmähen, Almkäse-Olympiaden oder Almbewässerungen graben - überall in den Bergen gibt es ehrliche Arbeit, und der gute Tourist schaut nicht nur zu: Er adelt sich, indem er daran teilnimmt.

Ganz sicher ist das eine sehr urbane Sichtweise. Kein Talbewohner würde einen Städter bei der Shoppingolympiade, beim Tastaturhacken oder dem Kollegen-das-Wasser-Abgraben beobachten, vom Mithelfen ganz zu schweigen. Vielleicht sind unsere Körper aber auch nur noch hohle Gefäße, in denen der urlaubsreife Geist von wirklich sinnvoller Beschäftigung wie Holzhacken in den Alpen träumt.

© SZ vom 18.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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