Ende der Reise:Auge um Auge im Spa-Bereich

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Was ist schon teuer, wenn es um Schönheit geht? Vom niemals zu hohen Preis des Wohlgefühls.

Von Dominik Prantl

Kürzlich wurden einer britischen Kreuzfahrtkundin 2950 US-Dollar für eine Gesichtsbehandlung in Rechnung gestellt. Das allein ist all jenen, die den Preis der Schönheit kennen, freilich höchstens ein kurzes Heben der ohnehin längst gelifteten Augenbraue vor der nächsten Pediküre wert. Allerdings war die arme Frau - eine alleinstehende Mutter - der Meinung, dass der Spaß im Spa nur 29,50 Dollar ausmache. Zumindest schreibt das die Sun, eine in Streuung von Gerüchten zugegebenermaßen durchaus versierte Boulevardzeitung. Das ändert aber nichts an der Tatsache: Wer die Beautybranche schon immer einer gewissen Gier verdächtigte, bringt Verständnis auf, dass es der so Behandelten auch angesichts eines nachträglichen Rabatts von 590 Euro die Zornesfalten ins teuer geglättete Gesicht trieb.

Möglicherweise holt sich da ein Wellnessanbieter aber nur nach dem Auge-um-Auge-Prinzip an einer Stelle das zurück, was er an einer anderen verliert. Die Spa-Urlauber sind in Sachen Gaunerei schließlich auch nicht gerade zimperlich. Manche klauen sogar wie die Elstern - sofern die Erhebung des Online-Portals Wellness Heaven, das sich selbst als "Luxury & Spa Hotel Guide" versteht, stimmt. Laut 77,5 Prozent der immerhin 1157 befragten Unterkunftsbetreiber kommen am allerhäufigsten Handtücher abhanden, zwei Drittel vermissen daneben besonders oft Bademäntel. Jeder zweite Laden hat auch längst nicht mehr alle Kleiderbügel im Schrank. Erstaunlicherweise verschwanden in Hotelzimmern ferner schon ein Piano sowie ein Waschbecken, wobei es sich hier um Unterkünfte gehandelt haben muss, in denen bereits der Supermagier David Copperfield nächtigte.

Noch mehr Aufschluss liefert wie so häufig ein etwas genauerer Blick in die Diebstahlstatistik. Dass beispielsweise niederländische Hotelgäste jenseits ihrer Wohnwagen besonders gerne Einrichtungsgegenstände wie Glühbirnen und Toilettenpapier abgreifen, sei ihnen als kulturelle Eigenheit ebenso vergönnt wie den Italienern ihre ins Kleptomanische lappende Vorliebe für Weingläser. Die Tatsache, dass Gäste von Fünf-Sterne-Wellnesshotels am ehesten teure Gegenstände einsacken - der Fernseher wandert hier neunmal und das Tablet achtmal so häufig wie beim Vier-Sterne-Gast ins Gepäck -, erhärtet allerdings nur einen uralten Verdacht: Auch im Urlaub lernt man das skrupellose Hamstern ganz offensichtlich weniger von den Armen und Normalverdienern als von den Reichen und vielleicht sogar Schönen dieser Welt.

© SZ vom 28.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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