Ende der Reise:Auf zum Maskenball

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Der Fasching fällt aus, dabei gebe es so viele Verkleidungsideen. Und nicht einmal zur Safari darf man, am bald anstehenden Welt-Pangolin (im Bild)-Tag. (Foto: Will Clothier/picture alliance/dpa/andBeyond)

Kein Karneval, nirgends. Also bleibt einem vorerst nichts anderes, als die Welt weiterhin aus der Ferne zu betrachten. Was interessante Beobachtungen ermöglicht.

Von Stefan Fischer

Eigentlich befände sich die halbe Menschheit gerade in kollektiver Ekstase. Würde sich noch alberner kleiden als ohnehin schon. Würde sich zudem die Gesichter entstellen durch Masken und Schminke oder aufgrund eines gewaltigen Rausches. Bunt und lustig ginge es zu auf den Straßen der Welt, sieht man einmal ab von Pjöngjang. Doch wie so vieles entfällt auch der Karneval.

Das ist schon deshalb schade, weil sich in Sachen kreativer Verkleidung in diesem Jahr besonders viel machen ließe aus den wild wuchernden Haaren, die seit Monaten von keinem Friseur mehr behelligt worden sind. Außerdem säße dank des harten Trainings jede Faschingsmaske wie eine zweite Haut. Die Kostüme in diesem Jahr, sie wären die besten, die originellsten, die tollsten. Aber wir dürfen nicht. Stattdessen: Fragt man bestenfalls Google, ob FFP2-Masken ihrer Filterfunktion beraubt werden, wenn man ihnen mit Filzstift eine rote Knollennase aufmalt. Für die größte Sause, die dieser Rosenmontag bereithält: den Gang in den Supermarkt.

Kein Karneval in Rio, am Rhein, in Venedig. Obwohl zumindest in Venedig der Mindestabstand gut einzuhalten wäre, wenn jeder Teilnehmer eine der traditionellen Masken mit ihren meterlangen Nasen tragen würde. Aber nein, nicht einmal das. Stattdessen gibt es verschiedene Streaming-Veranstaltungen aus Venedig: Karnevals-Kammerspiele, aufgeführt unter Ausschluss eines Livepublikums im Palazzo Vendramin-Calergi. Nach allem, was man über die ersten dieser digitalen Ersatzhandlungen hört, muss das noch deprimierender sein als die Übertragung der fränkischen Fasnacht im Bayerischen Fernsehen.

Auch der Wiener Opernball entfällt und damit sowohl der letzte Trost für die Österreicher als auch die Bühne für den größten aller Jecken: Richard "Mörtel" Lugner. Wobei: Das österreichische Fernsehen sendet stattdessen einen Themenabend über den Opernball, eine Art Best-of. Partyluder Lugner ist Studiogast. Das Ganze wird also womöglich noch ein größeres Solo für ihn als ein regulärer Ball.

Aber, ach: Wir wollen sehen, dass das Leben weitergeht, wollen raus aus der monatelangen Erstarrung. Und nicht erzählt bekommen, wie lustig es früher einmal war. Noch lieber wären wir live dabei, mittendrin in Wien, in Köln, in Nizza. Selbst Faschingsmuffel wären längst willens, nach Rio de Janeiro zu fliegen und Karneval zu feiern. Um endlich wieder zu verreisen. Nicht einmal verkleiden müsste man sich: Einfach die Atemschutzmaske runter, und schon ist man ein anderer, den niemand (mehr) erkennt, und der man insgeheim so gerne sein möchte.

Doch es bleibt einem vorerst nichts anderes, als die Welt weiterhin aus der Ferne zu betrachten. Karnevalesker als vieles, was einem derzeit aus Venedig geboten wird, sind etliche Tiere. In Afrika gibt es zum Beispiel ein Schuppentier namens Pangolin. Sein Äußeres hat etwas Lugner-haftes, es ist auch ähnlich selten. Bald ist Welt-Pangolin-Tag, weshalb dieser Tage manches unternommen wird, um dieses Tier - und seine Heimatregionen - medial zu präsentieren. Tatsächlich ist Pangoline zu beobachten lustiger, als den meisten Büttenrednern zuzuhören. Noch aufregender als auf dem Bildschirm wäre es in freier Wildbahn. Aber Safari geht ja auch nicht.

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