Ende der Reise:Auf nach Listenheim!

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Das Jahresende naht und damit die Frage: Wohin 2019? Zurzeit wird man mit einer Flut von Listen bombardiert: die zehn besten Orte, Länder, Städte. Dass Lonely Planet Deutschland bei den schönsten Reisezielen ganz vorne sieht, gibt einem doch zu denken.

Von Hans Gasser

Der Mensch braucht Orientierung. Und damit ist jetzt nicht gemeint, dass es auf Reisen hilfreich ist, die Himmelsrichtung bestimmen zu können. Dafür braucht heutzutage eh keiner mehr den Sonnenstand; das Smartphone übernimmt diese Aufgabe genauso wie das Temperaturmessen, das Zählen von Höhenmetern, Schritten und Kalorien.

Nein, die Entdecker der Gegenwart vertrauen trotz all dieser Hilfsmittel immer noch auf jemanden, der ihnen sagt, wo es lang geht. Seit Thomas Cook 1841 einen Zug voll Abstinenzler nach Loughborough geschickt hat, ist die Pauschalreise die beliebteste Form des Unterwegsseins. Es ist ja auch praktisch: Die Reiseleiterin sagt einem, was man gesehen haben muss, wann Pipipause ist und wie spät es abends das Essen gibt. Bei den Orten und Dingen, die man gesehen haben muss, bekommen die wackeren Reiseleiter jetzt im Herbst ungefragt jede Menge hilfreiche Handreichungen aus dem Internet - in Form von Listen. In zwei Monaten ist Weihnachten, und da muss man sich natürlich Gedanken machen, wohin es nächstes Jahr gehen könnte. Am meisten Beachtung findet die alljährlich veröffentlichte Liste des Reiseführers Lonely Planet zu den Top-zehn-Reiseländern. Dass Deutschland darin für 2019 sage und schreibe den zweiten Platz belegt, nur noch geschlagen von Sri Lanka, führte auf U-Bahn-Bildschirmen und in anderen Qualitätsmedien zu Freudenstürmen. Begründet wird dies mit zwei Jubiläen: 30 Jahre Mauerfall und 100 Jahre Bauhaus. Als Deutscher erscheinen einem da die Strände Sri Lankas deutlich attraktiver oder eine Safari in Simbabwe, das auf Platz drei gelandet ist, aber egal.

Es gibt ja auch noch jede Menge anderer Listen. Eben eingetrudelt: Die besten zehn Städte, um den Sommer zu verlängern, mit großen Überraschungssiegern wie Rom, Barcelona und Sevilla. Erfrischender ist da die No-Liste des britischen Portals "Fodor's". Sie nennt zehn Orte, die "nicht wollen, dass du sie besuchst", darunter die Galapagosinseln, den Everest oder Amsterdam - allesamt so überrannt, dass sie mal eine kleine Erholung von uns brauchen. Also lieber gleich nach Minsk, da soll es noch ruhige Ecken geben.

© SZ vom 25.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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