Beschwerden von Urlaubern: Kreuzfahrt:Zwangsgebühren und klamme Veranstalter

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Das Geschäft mit Kreuzfahrten boomt, damit nehmen auch die Beschwerden von Urlaubern zu. Was auf den Reiseschiffen so alles schiefläuft.

Andreas Jalsovec

Man kann dafür 5000 Euro und mehr pro Woche hinlegen. Es gibt sie aber auch zum Schnäppchenpreis für 499 Euro. Und für jedes Angebot finden sich ausreichend Abnehmer: Kreuzfahrten sind beliebt. Rund 1,2 Millionen Gäste zählten die Veranstalter 2010 auf Hochseekreuzschiffen. Das ist ein Fünftel mehr als im Jahr davor. Hinzu kommen fast eine halbe Million Urlauber, die auf Flüssen mit dem Schiff unterwegs sind. Dieser Trend "halte unvermindert an", heißt es beim Deutschen Reiseverband. Alleine in diesem Jahr nehmen die Veranstalter deshalb fünf neue Schiffe für Hochsee- und acht für Flusskreuzfahrten in Betrieb.

Das Kreuzfahrtschiff "Quest" der Reederei Seabourn (Foto: Seabourn/dpa/tmn)

Mit dem Ansturm auf die üppig ausgestatteten Riesenschiffe kommt mittlerweile aber auch eine Welle von Beschwerden bei Verbraucherschützern an. "Bei uns melden sich sehr viele Kreuzfahrturlauber, die Ärger auf der Reise hatten", berichtet Sabine Fischer-Volk, Reiseexpertin der Verbraucherzentrale Brandenburg. Die Klagen reichten von zusätzlichen Kosten an Bord über den ausgefallenen Landgang bis zu Veranstaltern, die ihre Gäste zum Gala-Dinner nötigen.

Längst nicht alles müssen Verbraucher dabei hinnehmen. "Gibt es Probleme, sollte man das aber gleich während der Reise dem Veranstalter kundtun", rät Petra von Rhein, Juristin bei der Verbraucherzentrale Bayern. Urlauber, die Geld zurückverlangen wollen, müssen es innerhalb eines Monats nach Reiseende schriftlich einfordern. Das sind die größten Ärgernisse an Bord:

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Kreuzfahrten werden Jahr für Jahr günstiger. Der Durchschnittspreis für eine Hochseereise lag 2010 bei rund 1700 Euro - zehn Prozent weniger als 2009. Oft locken die Veranstalter dabei die Kunden mit Schnäppchenpreisen aufs Schiff. Sind sie an Bord, fallen Zusatzkosten an.

(Foto: dpa)

Die gängigste Masche: eine zwangsweise Servicegebühr pro Tag und Person. "Die Veranstalter fordern immer öfter eine solches Entgelt ein", berichtet Sabine Fischer-Volk. "Das ist aber unzulässig." Die Gebühr müsse von vorneherein in den Preis einkalkuliert werden.

Urlauber sollten die Zahlung verweigern oder nur unter Vorbehalt zahlen und das Geld vom Veranstalter zurückverlangen. Auch das erzwungene Gala-Dinner muss man übrigens nicht mitmachen, wenn man es nicht gebucht hat. Wer es freiwillig tut, muss hinterher auch zahlen.

Gelegentlich ändern Veranstalter kurzfristig die Route - etwa wegen politischer Unruhen oder Naturkatastrophen. "Fällt deshalb ein angekündigter Ausflug ins Wasser, haben Reisende einen Mängelanspruch, auch wenn es sich um höhere Gewalt handelt", erläutert Fischer-Volk. Urlauber können dann den Reisepreis um den Anteil mindern, den der Programmpunkt an der Kreuzfahrt hatte - zum Beispiel einen Reisetag.

Wird Gästen der Höhepunkt der Fahrt verwehrt, dürfen sie mehr abziehen als nur den Durchschnittsbetrag. Auch wenn ein Landausflug kürzer ausfällt, weil das Schiff zu spät anlegt, können Urlauber den Reisepreis mindern - laut Urteil des Amtsgerichts Hamburg um fünf Prozent eines Reisetages je verstrichener Stunde.

Winzige Kabine

In ihren Prospekten bilden die Veranstalter die Kabinen der Kreuzfahrtschiffe immer groß und geräumig ab. "Tatsächlich ist die Unterkunft dann manchmal aber so winzig, dass man sich kaum umdrehen kann", sagt Petra von Rhein. Unter Umständen kann man auch dann einen Teil des Reisepreises zurückverlangen. "Allerdings sollte man genau nachlesen, was im Prospekt über Größe und Ausstattung der Kabine steht", meint die Verbraucherschützerin.

Stimmen Beschreibung und tatsächliche Unterkunft nicht überein, ist das ein Mangel, für den es Geld zurück gibt. Ähnliches gilt, wenn es in der Kabine sehr laut ist, etwa weil sie in der Nähe des Schiffsmotors liegt.

Es klingt unwahrscheinlich, ist aber gar nicht so selten: Der Kreuzfahrtveranstalter muss Insolvenz anmelden. Wegen des Preiskampfs in der Branche ist das in den vergangenen Jahren regelmäßig passiert. "Manchmal stehen die Urlauber dann am Hafen - und es ist gar kein Schiff da", berichtet Petra von Rhein.

In solchen Fällen ist es wichtig, dass Pauschalreisende vom Veranstalter einen so genannten Reisesicherungsschein bekommen haben. Bevor das Papier nicht vorliegt, sollte man die Reise nicht zahlen. Der Schein belegt, dass die Fahrt im Pleitefall versichert ist.

Nicht alle Veranstalter haben eine solche Police - und geben daher auch keine Sicherungsscheine aus. Sogar gefälschte Scheine kämen vor, meint Expertin von Rhein. "Wer Zweifel hat, sollte daher beim Versicherer nachfragen, ob die Reise tatsächlich auch abgedeckt ist."

© SZ vom 19.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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