Berliner Botschaften (II):Österreichs Rätsel und Britanniens Pop & Pomp

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Gottfried Knapp

Eine Ellipse

Österreich empfängt seine Gäste in grün. (Foto: N/A)

Den anderen europäischen Nationen fällt es schwer, sich gegen die Konkurrenz aus dem Norden zu behaupten. Österreich hat seinen Architektur-Star aus den Zeiten der Postmoderne ins Rennen geschickt. Hans Hollein hat auf das schmale Grundstück ein plastisch und koloristisch kräftig strukturiertes Gebilde gesetzt.

Zum Tiergarten hin streckt der Bau einen kompliziert gekurvten und gewölbten, kupferverkleideten Kopfbau nach vorn, der in den Obergeschossen die Büroräume des Botschafters enthält und einen glasüberwölbten ellipsenförmigen Empfangssaal von beeindruckendem architektonischem Anspruch umschließt. Von diesem Scharnier aus sendet Hollein den zurückhaltend instrumentierten Verwaltungsflügel und den braunrosa gefärbten, kubisch differenzierten Flügel der Botschafter-Residenz in Richtung Garten nach vorn. So entstand eine komplexe Gebäudeplastik, die den Passanten auf der Straße Einiges zum Schauen bietet, ihnen aber auch einige unnötige Detail-Rätsel aufbürdet.

Dass die Britische Botschaft an ihrem angestammten Platz im Rücken des Hotels Adlon sich spektakulär den Berlinern zuwenden würde, war schon klar, als Michael Wilford - er hat mit James Stirling die bunte Architekturcollage der Stuttgarter Staatsgalerie geschaffen - den Auftrag für den Bau bekam. Wilford hat die Probleme des auf drei Seiten von Brandmauern umschlossenen Grundstücks künstlerisch geschickt als vitalen Vorteil umgedeutet, indem er aus der Schaufassade einige stereometrische Baukörper knallig bunt hervortreten ließ, im Inneren einen großen Hof freischlug, die Büros in die Seitenbauten verpackte und vor der endlos langen Rückwand eine kraftvoll farbig ausgemalte gläserne Treppenhalle elegant in das weite Foyer vor der lilafarbenen Trommel des Konferenzzentrums hinaufsteigen ließ.

Wenn es irgendwo in Berlin einen modernen Raum gibt, der sich auf unterhaltsame Weise mit seinen Benutzern verbündet, dann ist es diese glasüberdachte weite Halle im ersten Geschoss der Britischen Botschaft: Sie macht klar, dass Pop und Pomp sich in England wunderbar ergänzen können.

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