Beatles:Pauls Geheimnis

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Vor 50 Jahren drehten die Beatles in Obertauern den Film "Help!". Weil die Musiker nicht Ski fahren konnten, brauchten sie Doubles - eines erinnert sich.

Interview von Hans Gasser

Herbert Lürzer, 71, ist Hotelier und Unternehmer in Obertauern. 1965 war er einer von vier Auserwählten, die dafür sorgten, dass die Beatles bei den Skiszenen ihres Films "Help!" gut aussahen. Er doubelte Paul McCartney und brachte ihm nebenbei ein bisschen Skifahren bei. Lürzer erinnert sich gerne an die zwei Wochen mit den britischen Stars, in denen er ziemlich gut verdient und ziemlich viele Autogramme geschrieben hat.

SZ: Kannten Sie die Beatles , bevor sie nach Obertauern kamen?

Herbert Lürzer: Nein, eigentlich nicht. Ich hatte vielleicht gehört, dass es die gab. Bei uns in den Bergen hat man diese Art von Musik damals nicht so gehört.

Trotzdem haben Sie sich gemeldet als Double und Skilehrer?

Nein, ich wurde ersucht vom damaligen Leiter der Skischule. Der sagte: Da kommen die Beatles, kennst du ja, die wollen einen Film drehen und brauchen wen, der sie auf der Piste doubelt. Na ja, hab ich gesagt, kennen tu ich die nicht, aber wenn ich sie double, werde ich sie ja kennenlernen. Ich war einer von vier Obertaurern, die ausgesucht wurden, wohl auch, weil ich durch meine gastronomische Ausbildung in den USA und England relativ gut Englisch konnte.

März 1965: Pelzjacke, Cape und Zylinder - die Beatles in Obertauern, bestaunt von Touristen. (Foto: Keystone/Getty)

Und Sie waren Paul McCartney?

Ja, ich wurde verkleidet mit Perücke, dunkler Sonnenbrille und Nerzumhang, so wie das der Paul im Film trug. Man hat uns vorgestellt, das waren ganz normale, nette Burschen, die natürlich von Fans und Medien verrückt gemacht wurden. Deshalb waren die ganz froh, dass wir weder Autogramme noch Fotos oder sonst was von ihnen wollten. Wir tun mit euch Ski fahren, haben wir gesagt, erzählt's uns, was ihr macht, wir erzählen euch, was wir so machen. So hat sich eine sehr gute Bekanntschaft daraus entwickelt, und sie haben uns sogar privat was vorgespielt, "Yellow Submarine", glaube ich. Wir haben dann schon gemerkt, wie berühmt die waren.

Obertauern wurde auch ausgewählt, weil es so unbekannt und abgelegen war und man kein Fan- Chaos befürchtete.

Sobald sich herumgesprochen hatte, dass die Beatles hier waren, kamen ganze Busladungen mit Fans aus ganz Österreich und auch aus Deutschland, um ihre Idole mal zu Gesicht zu bekommen oder gar ein Autogramm zu ergattern. Ich habe viele Autogramme geschrieben.

Als Paul McCartney?

Zwangsläufig. Die echten waren nicht immer greifbar, und wir standen da auch mitten am Set herum. Die Fans waren nervös, "Jessas Maria, da steht der Paul McCartney", die haben den Unterschied nicht bemerkt. Ich hab' damals schon sehr gut Englisch gesprochen und mir vom Schneidermeister am Set zeigen lassen, wie der echte Paul ungefähr unterschreibt. Eine lässliche Sünde, oder?

Vor 50 Jahren war die Band in Obertauern, um ihren Film zu drehen. Bei den Skiszenen wurden sie gedoubelt. (Foto: Express Newspapers/Getty)

Mussten Sie auch Stunts machen?

Wir mussten alle skifahrerischen Szenen doubeln, über kleine Hügel oder Heustadl springen, und wir sollten den Beatles auch ein bisschen das Skifahren beibringen. Später sagte Paul McCartney: "I learned to ski in Obertauern." Ist ihm also doch hängen geblieben, dass er mit mir Ski gefahren ist.

Waren es talentierte Skischüler?

Na ja, wie soll ich sagen; wenn einer nicht mal wusste, ob der Ski vorne oder hinten aufgebogen ist, und plötzlich schnallt man sie ihm an die Füße - dann darf man nicht zu viel erwarten. Und selber aufstehen sollte man halt können. Aber sie waren auch nicht untalentierter als andere Anfänger.

Seit 50 Jahren macht Obertauern Werbung mit den Beatles, obwohl die nur zehn Tage da waren und der Ort im Film namentlich gar nicht vorkommt.

Wir machen nicht dauernd Werbung, aber im kommenden Winter, wenn es sich zum 50 Mal jährt, gibt es ein paar Veranstaltungen zum Jubiläum, klar, darunter eine Themenwoche im März, bei der sich in Obertauern alles um die Beatles und ihren Film dreht. Bisher ist niemand an mich herangetreten, aber ich könnte mir vorstellen, dass sie mich wieder mit Perücke und Nerzmantel verkleiden, da mache ich natürlich mit. Wahrscheinlich hält man mich wieder für das Original, wie damals.

In einem Ihrer Hotels bieten Sie Gästen Zimmer an, in denen die Beatles geschlafen haben sollen. Stimmt das?

Na ja, original so wie dem Mozart sein Geburtshaus ist es natürlich nicht mehr. Das Hotel Edelweiß wurde natürlich renoviert und umgebaut, das haben wir ja erst vor 15 Jahren gekauft. Von der Position her sind die Zimmer noch an der Stelle von damals, aber natürlich auf dem neuesten Stand. Wir bewerben die Geschichte diesen Winter stark, es gibt ein Beatles-Menü, die Kellner werden als Beatles verkleidet, und ihre Musik wird gespielt im Hotel.

Wenn Sie sehen, wie sich Obertauern verändert hat in 50 Jahren, werden Sie nostalgisch?

Nein, nicht besonders. Wir hatten früher oft Probleme mit der Stromversorgung, nicht genug Wasser, die Schneeräumung funktionierte nicht immer gut. Andererseits war es auch einfacher: Früher sind die Gäste auf Skiurlaub gekommen, nur mit einem Rucksack, da war drin: ein Pyjama, ein paar Unterhosen, eine Jause und eine Gitarre. Wenn mal schlechtes Wetter war, haben sie sich ein Bier und einen Schnaps gekauft und Gitarre gespielt. Heute braucht der Gast von früh bis spät Fitnessprogramm, Kosmetikprogramm, Unterhaltungsprogramm. Wir haben hier schon Ende der 1970-er erkannt, dass die Leute nach dem Skifahren zwischen 16 und 18 Uhr eine Gaudi haben wollen, daraus wurde Après-Ski.

Wie fanden Sie den "Help!"-Film?

Bitte um Nachsicht, aber was der Film uns sagen will, das ist mir bis heute nicht klar! Was soll das bedeuten, wenn einer in Indien mit einem Ring in den Ozean hupft und dann in Obertauern wieder rauskommt? Aber uns war das damals wurst, wir haben 1000 Schilling pro Tag bekommen, das war der Monatslohn eines einfachen Bankangestellten. Anders als den Film mag ich aber seitdem die Musik der Beatles sehr gerne.

Ist je ein echter Beatle noch mal in Obertauern aufgetaucht?

Nein, leider nicht. Wir haben uns 50 Jahre lang bemüht, einen Kontakt herzustellen, aber es war uns nicht vergönnt. Diese Leute werden von fünf Vorzimmerdamen abgeschirmt, da hast du keine Chance. Ich nehme an, dass der Paul McCartney, wenn ihn meine Nachricht erreicht hätte, einer Einladung gefolgt wäre. Schließlich konnte er sich ja erinnern, dass er hier von mir das Skifahren gelernt hat.

© SZ vom 05.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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