Balearen:Baustopp auf Mallorca

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Natur statt Golfplätze: Die neue Linksregierung der spanischen Inselgruppe will milliardenschwere Bauvorhaben auf Eis legen.

Malerische Buchten, blaugrün schimmerndes Meer - doch die Idylle wird zerstört von Hotelburgen und Ferienhäusern, die auf Mallorca oft fast bis ans Wasser gebaut wurden.

Mallorca
:Ballermann, Betonburgen, Badebuchten

Die Insel steht bei machen für Beton und Ballermann. Dennoch gibt es auch hier traumhafte Plätze.

Auswüchse wie etwa in Santa Ponsa oder Andratx möchte die neue Linksregierung der Balearen-Inseln künftig verhindern. Dazu will sie einen Baustopp für besonders bedrohte Küstenabschnitte und Naturgebiete erlassen.

Der bislang geheim gehaltene Vorstoß soll per Eil-Dekret rasch in die Tat umgesetzt werden, wie die Zeitung El País berichtete. Mehrere milliardenschwere Bauvorhaben würden damit bis auf weiteres auf Eis gelegt.

Der balearische Regierungschef Francesc Antich sagte in einer Rede im Regionalparlament in Palma: "Jene Projekte, die die Inselgruppe am meisten ausbluten lassen, müssen gestoppt werden."

Städtebaulichen Erschließungen, die lediglich auf der Planung neuer Golfplätze basierten, werde künftig der Riegel vorgeschoben. So soll in Gegenden, die bereits zur Besiedlung freigegeben worden waren, nun jede Bautätigkeit untersagt werden.

Dazu gehören dem Vernehmen nach eine bislang unberührte Bucht, ein Feuchtgebiet und die Gegend um das umstrittene neue Krankenhaus Son Espases in Palma. Auf der Liste stehe auch ein Feuchtgebiet auf Ibiza.

In der Presse ist von einer "historischen Entscheidung" die Rede. Skepsis sei dennoch angebracht, warnen Kritiker. Schließlich habe es in der Vergangenheit schon andere Baustopps gegeben, die nur wenig Wirkung gezeigt hätten.

"Unsere Landschaft ist zugleich unsere wichtigste Einnahmequelle", sagte Antich mit Blick auf den Tourismus. "Wir dürfen unsere Naturschätze nicht misshandeln." Der 48-jährige Sozialist, in dessen Sechsparteienkoalition auch die Grünen sitzen, sprach vielen Umweltschützern vermutlich aus der Seele.

Diese haben den Regierungen der Balearen immer wieder vorgeworfen, aus Gewinnsucht "das Huhn zu schlachten, das die goldenen Eier legt". So stand es auch auf den Transparenten einer der größten Demonstrationen in der Geschichte Mallorcas: Im März gingen 50.000 Menschen auf die Straße, um gegen die Umweltzerstörung auf der spanischen Ferieninsel zu protestieren.

Um die Baubranche nicht zu vergraulen, seien Entschädigungen geplant, heißt es. Zudem kündigte der seit Juli regierende Antich eine Initiative zum Bau von Sozialwohnungen an.

Paradoxerweise entstehen auf den Balearen nämlich Hotels und Ferienhäuser zuhauf - die Insulaner selbst finden aber kaum bezahlbaren Wohnraum. Zugleich machte der 48-Jährige klar, dass der Tourismus "das wirtschaftliche Herz" von Mallorca, Menorca, Ibiza und Formentera bleiben solle.

Diesbezüglich hatte er sich schon einmal die Finger verbrannt: In seiner ersten Amtszeit von 1999 bis 2003 war die von ihm eingeführte "Ökosteuer" (ecotasa) für Touristen auf Kritik von fast allen Seiten gestoßen.

Sein konservativer Nachfolger Jaume Matas (2003-2007) hatte die Abgabe umgehend wieder abgeschafft - und mehrere umstrittene Bauprojekte genehmigt.

© sueddeutsche.de/dpa/Jörg Vogelsänger - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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