Ausgehen:Fusion der Küchen und Kulturen

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Wer bei aller Naturschönheit Lust auf urbanes Flair und Szene-Lokale bekommt, findet sie in Auckland, Wellington und Christchurch.

Von Felix Haselsteiner

Der Pazifik mag Auckland zwar von zwei Seiten einschließen, die Strände unweit der Innenstadt mögen traumhaft schön sein, aber aus dem Flugzeug betrachtet, sieht die größte Stadt Neuseelands aus wie die meisten großen Küstenstädte auf der Welt: weitläufige Wohnblöcke, Autobahnen mit Staus, ein hoher Fernsehturm in der Innenstadt, ein Hafen. 71 Prozent der Besucher Neuseelands kommen am Auckland International Airport an, mit mehr als 21 Millionen Reisenden jährlich ist er der mit Abstand wichtigste Verkehrsknotenpunkt des Landes.

Dass die Großstadt auf der Nordinsel in vielerlei Hinsicht der Mittelpunkt des Landes ist, spürt man an vielen Stellen: Fast ein Drittel der Einwohner - rund 1,7 Millionen Menschen - lebt im Großraum Auckland, das dementsprechend mit den üblichen Problemen großer Städte zu kämpfen hat. Die Immobilienpreise sind extrem hoch, die sozialen Unterschiede zwischen den Vierteln in der Innenstadt und am Rand teilweise groß und der Verkehr eine Katastrophe. Neuseeländer, die nicht im Großraum Auckland leben, vermeiden daher meist Besuche in der Großstadt, um der Hektik zu entgehen.

Für Touristen allerdings muss das nicht gelten, denn Auckland hat viel zu bieten. Das weitläufige Hafengebiet ist mit seinen Läden, Bars und Restaurants ein beliebtes Ausgehviertel, vom Sky Tower, mit 328 Metern Höhe das höchste freistehende Gebäude der südlichen Hemisphäre, bieten sich großartige Ausblicke und die Gelegenheit zum Bungeejumping. Zudem hat sich Auckland in den vergangenen Jahren kulinarisch zum weitaus größten Zentrum in Neuseeland entwickelt: Fusionsküche, moderne Gerichte mit lokalen Zutaten und viel internationale Geschmacksrichtungen - Aucklands kulinarische Szene ist ein Spiegelbild der vielen Kulturen der Stadt. Auch sportlich ist Auckland das Zentrum des Landes: Im Eden Park finden die meisten Spiele der legendären All Blacks, der Rugbymannschaft Neuseelands, und der Black Caps (Cricket) statt.

Politisch gesehen ist seit jeher allerdings Wellington die Hauptstadt Neuseelands. Traumhaft an der unteren Küstenlinie der Nordinsel gelegen, ist Wellington für Touristen eine Attraktion, insbesondere in kultureller Hinsicht: Das Nationalmuseum, der Regierungssitz und die Nationalbibliothek sind einige der wenigen Indoor-Attraktionen Neuseelands. Das Leben in Wellington spielt sich, wie in Auckland, vor allem an der Promenade am Pazifik ab sowie in den umliegenden Hügeln, an denen sich die Wohngebiete entlangziehen. Die Lage zwischen den Inseln sorgt häufig für windiges und kühleres Wetter, ein wesentlich ernsthafteres Problem sind allerdings die immer wiederkehrenden Erdbeben. 1855 wurde Wellington beim Wairarapa-Beben weitgehend zerstört, von fatalen Beben ist die Stadt zwar seitdem verschont geblieben, die tektonische Lage sorgt jedoch regelmäßig für kleinere Beben.

Dasselbe gilt auch für die drittgrößte Stadt Neuseelands nach Auckland und Wellington, gleichzeitig die mit der bewegtesten Geschichte: Christchurch geriet im vergangenen Jahrzehnt nur zweimal in die internationalen Schlagzeilen. Im Februar 2011 erschütterte ein Beben mit einer Stärke von 6,3 die Stadt auf der Südinsel. 185 Menschen kamen ums Leben, Tausende wurden verletzt. Die Stadt lag in Trümmern, einige Viertel wurden komplett zerstört, darunter auch weite Teile der Innenstadt. Die Auswirkungen des Erdbebens sind auch achteinhalb Jahre danach noch sichtbar: Weiterhin wird die Stadt behutsam und geordnet aufgebaut. Für viele der Einwohner ist der Prozess zu langsam, doch nach dem Beben verließen viele Unternehmen die Stadt - erst langsam kehren sie zurück und erst mit ihnen kommt wieder eine neue, junge Stadtkultur zum Vorschein.

Umso schockierter waren die Einwohner Christchurchs im März 2019, als ihre Stadt Schauplatz eines rechtsextremen Terroranschlags auf eine Moschee wurde. Damals zeigte sich in den Tagen nach der Attacke jedoch schnell, dass Christchurch einen beeindruckenden Zusammenhalt hat: Das Mitgefühl mit der Angegriffenen muslimischen Gemeinde war überwältigend, die Stadtbevölkerung rückte in dieser schweren Zeit erneut näher zusammen und wurde so zum Beispiel für das neuseeländische Lebensgefühl, ein Land vieler friedlich zusammenlebender Kulturen zu sein.

Die bekanntesten und spektakulärsten Touristenattraktionen des Landes mögen in den Nationalparks, an den Küsten und in den Bergen liegen. Aber erst in den großen Städten lernen die Besucher die Kultur Neuseelands verstehen.

© SZ vom 14.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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