Angst nach Airbus-Absturz:"Direktflüge sind sicherer"

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Piloten raten zu Flügen ohne Umsteigen, sonst landet der Reisende eventuell in einem schlecht gewarteten Anschlussflieger.

Wenn Reisende in Regionen mit niedrigeren Sicherheitsstandards für Flugzeuge aufbrechen, wählen sie besser einen Direktflug. Denn manche Fluggesellschaften setzen zwar neuere oder besser gewartete Maschinen auf ihren Europa-Strecken ein, um nicht auf die "Schwarze Liste" der Europäischen Union zu kommen.

In den Heimatländern dieser Airlines sind dann aber zum Teil ältere und weniger gut gewartete Maschinen im Einsatz, zum Beispiel auf den Anschlussflügen bei Umsteigeverbindungen. Das sei die logische Konsequenz für manche Unternehmen, um wirtschaftlich arbeiten zu können, sagte Jörg Handwerg, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit.

Am Dienstag war ein Airbus der jemenitischen Fluggesellschaft Yemenia mit 153 Personen an Bord auf den Komoren abgestürzt. Die Unglücksmaschine startete in Sanaa. Ein Teil der Passagiere war zunächst mit einem Airbus A330 von Paris über Marseille nach Sanaa geflogen und dort umgestiegen.

Ob technisches Versagen die Ursache für den Absturz vor der Ostküste Afrikas war, blieb bisher unklar. Allerdings war der knapp 20 Jahre alte Airbus bei einer Inspektion vor zwei Jahren in Frankreich wegen technischer Mängel aufgefallen.

Die EU-Kommission hatte Yemenia wegen Sicherheitsproblemen im vergangenen Jahr im Visier. Ein EU-Dokument belegt, dass Brüssel die Gesellschaft 2008 beinahe auf die Schwarze Liste unsicherer Fluggesellschaften gesetzt hätte. In dem Text wird ohne Nennung von Einzelheiten auf "Mängel" Bezug genommen, die bei Kontrollen von Flugzeugen der Gesellschaft in Deutschland, Frankreich und Italien aufgefallen seien.

Weniger hohe Sicherheitsstandards und -vorgaben für Flugzeuge gibt es laut Handwerg vor allem in ärmeren Weltregionen, zum Beispiel in Afrika, Teilen Asiens und Südamerikas. Die Unternehmen hielten sich an die jeweils geltenden Sicherheitsvorgaben, entsprechend würden in der EU solche Maschinen eingesetzt, die den dortigen Anforderungen genügen. Im Land selbst jedoch - wo die Sicherheitsanforderungen geringer sind - seien dann unter Umständen aber ältere Maschinen unterwegs.

Wollen Reisende in jedem Fall vermeiden, in einer solchen Maschine zu sitzen, sollten sie aus der EU heraus nur Direktflüge in die jeweiligen Regionen wählen. "Man kann ja vorher sehen, ob es einen Umstieg gibt", sagte Handwerg. Außerdem könne es sinnvoll sein, sich vor dem Flug über die Airline zu informieren.

Allerdings sei das nicht einfach: Abgesehen von der "Schwarzen Liste", auf der Unternehmen stehen, die wegen Sicherheitsbedenken ein Flugverbot in der Europäischen Union haben, gebe es keine offiziellen Übersichten zur Sicherheit von Fluggesellschaften.

EU will Airlines aus Drittländern kontrollieren

Doch voraussichtlich von 2011 an wird die Europäische Flugsicherheitsbehörde EASA in Köln auch Fluggesellschaften in Nicht-EU-Staaten kontrollieren. Wie Sprecher Daniel Höltgen mitteilte, sind in diesen Drittstaaten auch Inspektionen geplant.

Die EASA (European Aviation Safety Agency) vergibt dann bei erfolgreicher Prüfung ein Sicherheitssiegel. Die nationalen Behörden, in Deutschland das Luftfahrtbundesamt in Braunschweig, entscheiden dann letztendlich über die Einfluggenehmigungen.

Der EASA-Sprecher wies aufgrund zahlreicher Anfragen nach den jüngsten Unglücken auf den hohen Sicherheitsstandard des Luftverkehrs in Europa und in Nordamerika hin. Beides seien die sichersten Regionen. Die jährliche Sicherheitsstatistik habe gezeigt, dass die Unfallrate hier in den vergangenen Jahren fast gegen Null gegangen sei.

Dagegen sei das Fliegen in weiten Teilen Afrikas und in einigen Regionen der früheren Sowjetunion aufgrund von Wartungsmängeln und unzureichend arbeitender Aufsichtsbehörden weniger sicher.

Leider schnelle die Statistik durch ein Unglück wie 2008 in Madrid mit mehr als 150 Toten und den Air-France-Absturz Anfang Juni vor Brasilien in Europa in die Höhe. Das ändere aber nichts an der grundsätzlichen Situation.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/kaeb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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