Zwist um US-Pläne:Der Mauerbau von Bagdad

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Die US-Armee will Bagdad mit einem Betonwall befrieden. Die Mauer trennt jedoch nicht nur verfeindete Bevölkerungsgruppen voneinander, sie spaltet auch die amerikanische und die irakische Führung.

Tomas Avenarius

Eigentlich sollten die US-Besatzungstruppen und die irakische Regierung auf ein und derselben Seite der Barrikade stehen. Im Streit um einen Schutzwall um ein sunnitisches Viertel in Bagdad ist aber das Gegenteil der Fall. Die amerikanische Armee hatte Anfang April begonnen, eine fünf Kilometer lange und 3,6 Meter hohe Mauer im Stadtteil Adhamija zu errichten, die Sunniten und Schiiten voneinander trennen soll. Iraks Regierungschef Nuri al-Maliki forderte nun den sofortigen Baustopp, doch die USA reagierten verdrossen.

Man respektiere zwar die Wünsche der Iraker. Was die ohnehin nur als vorübergehende Lösung gedachte Mauer angehe, wisse er "aber nicht, an welchem Punkt der Debatte wir uns gerade befinden", sagte US-Botschafter Ryan Crocker vieldeutig. Einen möglichen Baustopp erwähnte er nicht. Ein US-Militärsprecher stellte klar, der Bau solcher "Sicherheitswälle" sei mit der irakischen Regierung abgesprochen worden. Die Bagdader Mauer ist ein Symptom dafür, dass der irakische Premier und die US-Führung sich entfremden.

Der Schutzwall aus tonnenschweren Betonblöcken soll die Kontrolle des Sunnitenviertels Adhamija im Osten der Hauptstadt erleichtern. Es wird immer wieder von schiitischen Milizen angegriffen. Die Bevölkerung fühlt sich an die Berliner Mauer erinnert oder an die Absperrung aus Beton und Zäunen, mit der die Israelis die Palästinensergebiete abriegeln.

Nachrichtenagenturen zitierten eine Bewohnerin: "Eine Mauer ist keine Antwort auf den Kollaps der Sicherheit. Wenn es so wäre, müsste man ganz Bagdad einzäunen." Die Trennwand werde den Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten verschärfen. Aus US-Sicht hingegen scheint die Mauer fürs Erste ein halbwegs wirksames Instrument dafür zu sein, den Zugang zu dem bedrohten Sunniten-Viertel zu überwachen.

Die Adhamijah-Mauer ist nicht die erste in Bagdad: Die "grüne Zone", in der sich US-Einrichtungen, Ministerien der irakischen Regierung und Botschaften befinden, ist schon lange abgeriegelt. Auch große Marktplätze werden mit Wällen gegen Autobomben abgeschirmt.

Zwar bieten Mauern keine totale Sicherheit. Ihre Schutzwirkung ist aber auch nicht zu bestreiten. Ein von schiitischen Wohngebieten umgebenes Sunniten-Viertel wie Adhamija etwa ist ein leichtes Ziel für schiitische Todesschwadronen: Diese überfallen nach sunnitischen Terroranschlägen regelmäßig Zentren der rivalisierenden Glaubensbrüder, entführen Männer und Jugendliche und töten sie. Ebenso leicht kann ein sunnitischer Stadtteil wie Adhamija als Basis der Sunniten-Rebellen dienen: Diese können nach einem Anschlag in den umliegenden Schiitengegenden zwischen den Bewohnern untertauchen.

Die Mauer von Adhamijah wirkt wie das Eingeständnis der US-Armee, dass die Sicherheit der Bürger Bagdads allenfalls noch mit Mitteln zu verbessern ist, die das Leben in der Stadt in absurder Weise behindern. Der Mauerbau stellt ebenso klar, dass die große amerikanische Offensive "Surge" in der Hauptstadt bisher nicht viel gebracht hat.

Malikis Kritik zeugt von seinem Bestreben, sich von dem inzwischen oft fast hilflos wirkenden amerikanischen Vorgehen zu distanzieren. Doch seine Regierung und ihre Sicherheitskräfte sind erkennbar noch weniger als die US-Soldaten in der Lage, Sicherheit zu schaffen. Insofern dürfte Maliki auch die Forderung nach einem Baustopp nicht viel neue Glaubwürdigkeit verschaffen.

© SZ vom 24.04.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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