Zwangsehen in Deutschland:Mit dem Imam gegen Zwangsheirat

Laut deutschem Recht sind Zwangsehen strafbar. Doch das allein wird die Situation vieler Opfer - vor allem sind es muslimische Frauen - nicht verbessern. Gefragt sind die Imame, die großen Einfluss auf streng-muslimische Familien haben. Die sunnitisch-islamische Lehre jedenfalls lehnt Zwangsehen ab.

Roland Preuß

Es ist der Gegensatz zum westlich-romantischen Verständnis einer Hochzeit, schon das macht Zwangsheiraten so befremdlich. Wo die einen nach dem großen Liebesglück suchen, zwingen viele Migrantenfamilien ihre Töchter und Söhne ins Ehe-Unglück. Besonders häufig drängen die Väter ihre Töchter in den Bund mit einem Ungeliebten, wie nun eine Studie des Bundesfamilienministeriums zeigt. Die Hausherrscher stellen die vermeintliche Familienehre und ihren archaischen Machtanspruch über den Willen ihrer Kinder. Es ist eine Entmündigung, die zu Recht als Straftat geahndet wird.

Eine junge Muslima mit Kopftuch. (Foto: dpa)

Das Strafrecht alleine wird freilich nicht reichen, die Zuwanderer selbst müssen den Wandel bewirken. Sie müssen sich von Traditionen lossagen, die in Deutschland gegen Grundrechte verstoßen. Hier sind vor allem die Imame gefragt, weil sie bei religiösen Familien ein großes Ansehen genießen. Und eben diese Familien sind der Studie zufolge besonders oft für Zwangsehen verantwortlich. Die Vorbeter können durchaus mit der in Deutschland gängigen sunnitisch-islamischen Lehre argumentieren, die Zwangsheiraten ablehnt.

Die Chancen für eine solche Debatte stehen gar nicht schlecht, denn sie wird auch in wichtigen Herkunftsländern der Zuwanderer wie der Türkei geführt. Unter der dortigen AKP-Regierung sind Frauenrechte ein Thema, die Tageszeitung Hürriyet bietet schon länger ein Nottelefon für Frauen an, deren Vater oder Ehemann zu Hause zuschlägt. Diese Debatte wird über türkische Medien an viele Deutsch-Türken herangetragen und wird Spuren hinterlassen. Die deutsche Politik kann das noch befördern: Indem sie klarmacht, dass es bei Zwangsheiraten keine Kompromisse geben kann.

© SZ vom 09.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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