Zum Geburtstag:Politik als Frauenberuf

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Hildegard Hamm-Brücher war von 1976 bis 1982 Staatsministerin im Auswärtigen Amt. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Sie hat sich stets ihren freien Geist bewahrt. Nur so könne Demokratie weiter bestehen, sagt sie. Die ehemalige FDP-Politikerin und später "freischaffende Liberale" Hildegard Hamm-Brücher wird 95 Jahre alt.

Von Detlef Esslinger

Die wenigsten Menschen schätzen es, auf einen Moment in ihrem Leben reduziert zu werden. Aber manchmal ist es exakt solch ein Moment, der für Jahrzehnte das Fundament ihres Ansehens bildet. Als Hildegard Hamm-Brücher am 1. Oktober 1982 ans Rednerpult des Bundestags in Bonn trat, übte sie schon mehr als drei Jahrzehnte "Politik als Frauenberuf" aus, wie sie selbst das nannte; sie wollte sich nie damit abfinden, dass die Rituale der Männer der einzige Weg sein sollten, in der Politik etwas zu erreichen. Sie war eine leidenschaftliche Bildungspolitikerin im Bund, in Hessen, in Bayern gewesen. Nun war sie - noch - Genschers Staatsministerin im Auswärtigen Amt, aber den Wechsel ihrer FDP aus der Koalition mit der SPD hin zur Union wollte sie nicht mitmachen. "Vielleicht ist das eine typisch weibliche Reaktion", sagte sie am Rednerpult. Aber Helmut Schmidt habe es nicht verdient, ohne Wählervotum gestürzt zu werden, und Helmut Kohl nicht, ohne Wählervotum zur Kanzlerschaft zu gelangen. Hildegard Hamm-Brücher sprach vom "Odium des verletzten demokratischen Anstands".

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