Züricher SVP-Kandidat:Frisches Gesicht der Schweizer Rechten

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Hans-Ueli Vogt, 45, ist bekennend homosexuell - und soll die ländlich geprägten Schweizer Rechtspopulisten jetzt für Großstädter attraktiv machen. (Foto: PR)
  • Die rechtspopulistische Bauernpartei SVP umwirbt zu den Parlamentswahlen besonders Großstädter.
  • In Zürich tritt Hans-Ueli Vogt an. Für seine Partei ist der schwule Professor für Wirtschaftsrecht ein Exot - mit enormer Medienpräsenz.
  • Gut stehen seine Chancen trotzdem nicht.

Von Charlotte Theile, Zürich

Für den Wahlkampf 2015 hat sich Hans-Ueli Vogt einen Dreitagebart stehen lassen. "Ein brillanter Kopf für Zürich" hat seine Partei, die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei SVP, über sein Gesicht geschrieben, auf dem Plakat sieht er aus wie ein etwas schüchterner Intellektueller. Hans-Ueli Vogt ist Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Zürich, er hat einige Jahre in New York gelebt, in Harvard und Florenz geforscht. Er besitzt eine Wohnung in einem der angesagtesten Quartiere Zürichs. Für die Bauernpartei SVP, die ihre Prozente traditionell in den ländlichen Regionen der Schweiz gewinnt und immer wieder Stimmung gegen die städtische Mittelklasse macht, ist so einer schon mal eine Herausforderung.

Und Vogt ist nicht nur ein gebildeter Großstädter, der sich als "moderat und weltoffen" bezeichnet, der Rechtsprofessor hat sich zu Beginn des Jahres auch im Schweizer Boulevard als homosexuell geoutet. Während sich gleichzeitig seine Partei heftig gegen die Gleichstellung homosexueller Paare ausspricht.

"Schweizer Recht geht fremdem Recht vor", fordert der Kandidat

Hans-Ueli Vogt will am 18. Oktober für die SVP in den Schweizer Ständerat, das Oberhaus des Parlaments, einziehen, die Partei in Zürich hat ihn dafür einstimmig nominiert. Parteigrößen wie Christoph Blocher treten gern mit dem Exoten aus Zürich auf, die Medienpräsenz des 45-jährigen ist enorm. Das liegt auch an einer Initiative, die Vogt vor einigen Monaten auf den Weg gebracht hat: "Schweizer Recht geht fremdem Recht vor." Sollte sie Erfolg haben, wäre dies ein großer Schritt in Richtung Isolation - die völkerrechtlichen Verträge der Schweiz stünden unter Vorbehalt. Eine mögliche Folge des Vorstoßes: Die Schweiz müsste aus der Europäischen Menschenrechtskonvention austreten. Schließlich haben die Richter in Straßburg mehrmals die Entscheidungen der Schweiz - etwa bei der Ausweisung von Asylbewerbern - einkassiert.

In der Sache also ist Hans-Ueli Vogt weder moderat noch weltoffen. Doch seiner Partei genügt es nicht mehr, in der Gruppe der ländlichen Globalisierungsverlierer erfolgreich zu sein. Sie will neue Schichten ansprechen. Vogt sagt in Interviews offen, was er verdient (umgerechnet 17 400 Euro im Monat), dass er am liebsten asiatisch isst und einen englischen Leitspruch hat: "Be all you can be".

Auch die Nationalrats-Kandidatur von Weltwoche-Verleger Roger Köppel zeigt: Die SVP drängt ins städtische Milieu, will auch diejenigen von der Abschottung der Schweiz überzeugen, die ein paar Jahre in New York gelebt haben. Absurd? Vielleicht. Mit Kandidaten wie Vogt hat die SVP Exponenten, die eine andere Sprache sprechen, einen gemäßigten Politik-Stil pflegen. Das kommt an: Der Soziologe Jean Ziegler etwa, eine Ikone der schweizerischen Linken, schreibt auf Köppels Homepage, er sei versucht, "die Todsünde zu begehen" und Köppel seine Stimme zu geben.

Im Ständerat sieht es für Vogt trotzdem nicht gut aus: Die beiden Sitze aus Zürich dürften nach aktuellem Stand an andere Parteien gehen, allen voran die derzeit starke liberale FDP.

© SZ vom 09.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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