Wohnmobile:Fahrbares Doppelbett

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Die Deutschen entdecken ihre Liebe zum Camping wieder.

Von Marco Völklein

Einfach auf Tour gehen, wenn man Lust dazu hat. Übernachten, wo es gerade schön ist. Den Sonnenuntergang dort genießen, wo die Sonne im Meer versinkt. Ein Campingmobil ermögliche "die Freiheit, jederzeit dorthin zu reisen, wohin man möchte", sagt Daniel Onggowinarso vom Campingbranchenverband CIVD. Und von dieser Freiheit träumen immer mehr. Früher drängelten sich vor allem Wohnwagen aus den Niederlanden mit gelben Kennzeichen auf den Autobahnen, zur Oktoberfestzeit fielen insbesondere auf Straßen in Südbayern Wohnmobilisten aus Italien auf. Doch mittlerweile gesellen sich immer mehr Fahrzeuge mit deutschen Nummernschildern hinzu. Campingurlaub boomt hierzulande.

Das war nicht immer so. Zwar begannen in den Fünfziger- und Sechzigerjahren die Deutschen damit, am Steuer eines Käfers oder einer Isetta und mit einem Zelt auf dem Dachgepäckträger Europa zu erkunden. Als dann aber in den Siebzigerjahren die Hippies im für wenige Hundert Mark gekauften VW Bulli bis nach Indien zuckelten, die Klapperkiste dort mit Gewinn abstießen und so ihren Trip finanzierten, da wandelte sich die breite Masse der Bundesbürger zu Pauschalurlaubern. Flug, Hotel und Pool-Animation - alles inklusive. Ferien in einem an den Pkw angekoppelten, rollenden Heim? Nein, lass mal. Das sollen die Holländer machen.

Doch seit einigen Jahren entdecken auch die Deutschen den mobilen Urlaub wieder. Zwar sind umgerechnet auf die Bevölkerungszahl die Niederländer (zusammen mit den Briten) noch immer spitze bei den Caravans, also Anhängern, die von Pkw gezogen werden. Bei Wohnmobilen aber liegen Deutschland und Frankreich vor den Niederlanden. Den Rekordwert von 60 000 Reisefahrzeugen werde man 2017 verkaufen, erwartet der CIVD in Düsseldorf, wo an diesem Samstag die Leitmesse Caravan-Salon öffnet. Die Branche profitiert von der stabilen Konjunktur und vom Trend zu heimatnahen Ferien in Deutschland und den Nachbarländern.

Zudem haben heute die meisten Freizeitmobile kaum mehr etwas gemein mit dem Campingbus aus den Siebzigern. Doppelbetten im Heck, von zwei Seiten zu begehen, dazu Gasherd mit mindestens zwei Kochfeldern, ein geräumiger Kühlschrank und separates Bad - das ist oft Standard. Um den Komfort im Winter nicht zu schmälern, werden Frisch- und Abwassertanks so neben die Heizung konstruiert, dass nichts festfriert. Der Luxus kostet: Für komfortable Reisemobile inklusive Zubehör muss man laut ADAC mit Preisen von 55 000 Euro an rechnen, ein mittelgroßer Caravan kostet 18 500 Euro.

Doch so gern die Branche das sorgenfreie Reisen verkauft - sie selbst ist nicht völlig frei von Sorgen. Da ist etwa der Streit um den Diesel; Fahrverbote würden auch Reisemobile, die fast ausschließlich von Selbstzündern angetrieben werden, aus Städten aussperren. Und weil mittlerweile so viele Freizeitmobile unterwegs sind, wird es auf den Camping- und Stellplätzen eng, gerade zu Spitzenzeiten, etwa an verlängerten Wochenenden. Die Branche hofft auf digitale Lösungen: Mittels Smartphone-App ließen sich freie Kapazitäten anzeigen, um den Andrang besser zu steuern.

© SZ vom 26.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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