Wirtschaftsabkommen:Trump beerdigt den Freihandel

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Der künftige US-Präsident will aus dem geplanten amerikanisch-asiatischen Vertrag TPP aussteigen. Davon könnten vor allem Russland und China profitieren. Deutschland hingegen hätte das Nachsehen.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Der künftige US-Präsident Donald Trump will bereits am ersten Tag seiner Amtszeit aus dem geplanten amerikanisch-asiatischen Handelsvertrag TPP aussteigen. Trump sagte in einer Videobotschaft, das Abkommen könne "desaströse Folgen" für sein Land haben und werde daher nicht umgesetzt. "Meine Pläne beruhen auf einem einfachen Grundprinzip: Amerika zuerst", sagte er. An die Stelle von TPP würden bilaterale Verträge treten, die sicherstellten, dass Autos, Stahl, Arzneien und andere Produkte statt im Ausland wieder in den USA hergestellt würden.

Trumps Ankündigung ist vor allem als Signal an seine Anhänger zu verstehen, dass er den markigen Worten im Wahlkampf tatsächlich Taten folgen lassen will. Im Fall von TPP ist das allerdings auch einfach, weil die Vereinbarung zwar von den Regierungschefs der zwölf Teilnehmerländer unterzeichnet wurde, im US-Kongress aber noch nicht ratifiziert ist. Trump, der Amtsinhaber Barack Obama am 20. Januar ablösen wird, reicht deshalb ein Erlass, um die Umsetzung zu stoppen. Auch das europäisch-amerikanische Vertragspendant TTIP dürfte nunmehr tot sein.

Damit endet eine Ära des freien Handels und offener Wirtschaftsgrenzen, die sich seit 1945 in zahllosen Verträgen, dem Abbau von Zöllen und dem ökonomischen Aufstieg von Ländern wie Deutschland, Japan und China manifestiert hatte. Haupttreiber waren - unabhängig von der Parteizugehörigkeit des Präsidenten - stets die USA gewesen. Mittlerweile sind Handelsabkommen jedoch vielerorts umstritten, weil sie zur Verlagerung einfacher Arbeiten ins preisgünstigere Ausland führen können. Kritiker befürchten auch die Aufweichung von Umweltschutzstandards und die Schwächung nationaler Parlamente.

Für die TPP-Staaten in Asien ist Trumps Ankündigung hingegen ein Schock. Länder wie Vietnam hatten sich von einer Öffnung vor allem der amerikanischen, kanadischen und japanischen Märkte große Exportzuwächse und mehr Wohlstand versprochen. Auch die Hoffnungen von Menschenrechtsgruppen auf bessere Arbeits- und Umweltstandards sowie größere politische Freiheit in Teilen des Kontinents sind nunmehr zerplatzt. Der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe wies Überlegungen zurück, das Abkommen ohne die Mitwirkung der USA in Kraft zu setzen. "Ohne die USA macht TPP keinen Sinn", sagte er.

Die Gewinner von Trumps Entschluss könnten vor allem jene beiden Großmächte sein, die Obama schon vor Beginn der sieben Jahre dauernden TPP-Verhandlungen bewusst ausgegrenzt hatte, um ihren politischen Einfluss in Asien zu schmälern: Russland und China. Abe kündigte bereits an, dass er mit Moskau über eine stärkere wirtschaftliche Zusammenarbeit sprechen wolle. Auch Peking bastelt bereits an einem eigenen Handelsabkommen, das 16 asiatische Länder zusammenführen soll, darunter die Schwergewichte Indien, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland. Zu den Verlierern könnte hingegen Deutschland gehören, das wie kaum ein anderes Land vom Export abhängt. Industriepräsident Ulrich Grillo warnte bereits vor einer Beschränkung des Freihandels: "Jeder Rückschritt ist gefährlich."

© SZ vom 23.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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