Wechsel im Kabinett:Union macht auf SPD

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Der Bundespräsident hat Karl-Theodor zu Guttenberg zum neuen Wirtschaftsminister ernannt. Doch die Diskussion um seine Eignung reißt auch in der Union nicht ab.

Thorsten Denkler, Berlin

Bundespräsident Horst Köhler hat Karl-Theodor zu Guttenberg am Dienstag zum neuen Bundeswirtschaftsminister ernannt. Der CSU-Politiker erhielt seine Ernennungsurkunde am Nachmittag im Schloss Bellevue in Berlin.

Senkrechtstarter mit Kritikern: Karl-Theodor von und zu Guttenberg. (Foto: Foto: AP)

Doch ein Einstand nach Maß sieht anders aus. Noch nicht ernannt und vereidigt, blies dem neuen Kabinettsmitglied schon kräftiger Wind ins Gesicht. Natürlich aus der Opposition, die den 37-jährigen Senkrechtstarter fast durchgehend für eine Fehlbesetzung hält. Es sind aber auch vor allem Gesinnungsfreunde, die kaum ein gutes Haar an ihm lassen. Tenor: Guttenberg ist der richtige Mann am falschen Platz. Das führt innerhalb der Union zu einigen Irritationen.

In der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag jedenfalls reagieren die ersten empfindlich auf die Welle der Kritik an Guttenberg, die doch stark an die Zustände in der SPD vor einem guten halben Jahr erinnert.

Georg Nüßlein, CSU-Abgeordneter aus Neu-Ulm und stellvertretender Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, vermutet im Gespräch mit sueddeutsche.de: "Diejenigen, die sich jetzt kritisch äußern, hätten sich offenbar selbst gerne in der Position gesehen. Welchen Grund gibt es sonst, die Kompetenz eines Kollegen in Frage zu stellen, der zudem der gleichen politischen Richtung angehört".

Nüßlein nimmt Guttenberg in Schutz. Der sei bereits Unternehmer gewesen. Zudem sei er bisher "international unterwegs" gewesen. Das könne in der gegenwärtigen globalen Krise nicht von Nachteil sein.

Auch der Chef der Jungen Union, Philipp Missfelder, geht deutlich auf Distanz zu den Guttenberg-Kritikern in seiner Fraktion. "Ich halte die Kritik für unberechtigt", sagt er sueddeutsche.de. Guttenberg sei ein "kompetenter, erfahrener Mann". Und auch er findet, dass Guttenbergs Vergangenheit als Außenpolitiker ihm nur helfen kann. "In einer globalen Wirtschaft spielt außenpolitische Erfahrung eine größere Rolle als je zuvor."

Mangelnde Unterstützung

Franz Obermeier, CSU-Bundestagsabgeordneter und Wirtschaftspolitiker aus Freising, hält Guttenberg für "uneingeschränkt fähig" und "hochqualifiziert". Die Kritik an ihm sei "einigermaßen unverständlich", sagt er sueddeutsche.de. "Ich kann das nicht nachvollziehen. Bei denen, die etwas von Wirtschaftspolitik verstehen, gibt es diese Kritik nicht."

Was nicht ganz richtig ist. Einer der Kritiker, der CDU-Abgeordnete Andreas Lämmel, sitzt mit Obermeier im Wirtschaftsausschuss des Bundestages.

Streit gibt es auch um den Umgang mit dem zurückgetretenen Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU). Der habe zu wenig Unterstützung in der Union erfahren, heißt es. Nüßlein sieht da seine CSU-Landesgruppe außen vor. An die Adresse der CDU gerichtet poltert er: "Ich sage das in großer Offenheit: Mangelnder Rückhalt für Glos kam nicht aus der CSU-Landesgruppe. Das kam aus der CDU."

Der Hinweis richtet sich auch an die Altvorderen der CSU wie Günther Beckstein, der in der Süddeutschen Zeitung der neuen CSU-Spitze mangelnde Unterstützung für Glos vorgehalten hatte. "Wenn Beckstein und andere über dieses Thema reden, dann müssen sie auch sagen, dass sie lange selbst der CSU-Spitze angehört haben."

"Häufig angerempelt worden"

Der stellvertretende CSU-Vorsitzende und Landesgruppenchef Peter Ramsauer will keine Namen nennen, sieht aber mangelnde Solidarität mit Glos als einen Rücktrittsgrund. Glos sei "häufig angerempelt worden" und habe "von mancher Seite nicht die Solidarität erfahren", die nötig gewesen sei. "Für ihn ist viel zusammengekommen."

Was die Kritiker aus der CDU treibt, einen neuen Mann derart zu beschädigen, darüber lässt sich trefflich spekulieren. Vermutlich geht es nicht um Guttenberg. Die Spitzen sollen womöglich die Kanzlerin treffen.

Für viele in der Union ist Friedrich Merz der heimliche Star der konservativen Wirtschaftspolitiker. Merkel aber hat ihn kaltgestellt. Der CDU-Finanzpolitiker Otto Bernhardt nutzt die Gelegenheit, um Merkel das erneut unter die Nase zu reiben. "Uns fehlen die jungen Politiker mit wirtschaftspolitischer Ausstrahlung, wie sie ein Friedrich Merz hat." Nüßlein ärgert auch dieser Verweis auf Merz. "Merz stand nicht zur Verfügung und wäre auch nicht in Frage gekommen", kanzelt er den Kollegen Finanzer ab.

Guttenberg kann Lob gut gebrauchen. Allerdings wohl nicht jedes. Wenn sich etwa der Vizepräsident der EU-Kommission und SPD-Mann Günter Verheugen auf eine "sehr fruchtbare und sehr angenehme Zusammenarbeit" mit Guttenberg freut, dann dürfte das seine Kritiker in ihrem Urteil noch bestätigen, dass da der falsche Mann auserwählt wurde.

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