Wahlsieger Ole von Beust:Glaubwürdiger, tatkräftiger, sympathischer

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Die persönlichen Werte des Hamburger Bürgermeisters sind beachtlich - doch seine CDU liegt nur noch bei den über 60-jährigen Wählerinnen klar vorne.

Ralf Husemann

Die Hamburger CDU konnte bei der Bürgerschaftswahl am Sonntag trotz ihrer Verluste von 4,6 Prozentpunkten eines ihrer besten Ergebnisse einfahren. Die Wahlforschungsinstitute sind sich darüber einig, dass die Union dies vor allem ihrem populären Spitzenkandidaten Ole von Beust verdankt.

Kann in Hamburg weiterregieren: Ole von Beust (Foto: Foto: ddp)

Die CDU blieb stärkste Kraft, verlor aber die absolute Mehrheit. Die SPD erzielte nach ihrem schlechtesten Nachkriegsergebnis in Hamburg vor vier Jahren nun wieder Stimmengewinne (um 3,6 Punkte auf jetzt 34,1%).

Das Unions-Resultat von 2004 (47,2%) gilt als Ausnahmeergebnis, da die CDU damals insbesondere von den großen Verlusten der Schill-Partei profitieren konnte. Nach der Analyse von Infratest-dimap war Beust für 54 Prozent der Unions-Wähler ausschlaggebend für ihre Entscheidung.

Dies ist der höchste sogenannte Kandidatenfaktor, den ein Politiker in den letzten zehn Jahren in Deutschland erreichte. Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, Michael Naumann, spielte für die Entscheidung der SPD-Wähler eine deutlich geringere Rolle: Nur 24 Prozent gaben an, seinetwegen die SPD gewählt zu haben.

Nach Feststellungen der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen bescheinigten fast drei Viertel (72 Prozent) der Wahlberechtigten Ole von Beust eine gute Arbeit, darunter auch mehr als die Hälfte der SPD- und der Grünen/GAL-Anhänger. Im direkten Kandidatenvergleich sprachen sich 52 Prozent für den Amtsinhaber von der CDU aus, 38 Prozent wünschten sich Michael Naumann von der SPD als nächsten Bürgermeister.

Bei allen persönlichen und fachlichen Eigenschaften schnitt Beust erheblich besser ab als der Spitzenkandidat der SPD. Er gilt als der Glaubwürdigere, Tatkräftigere, Sympathischere, als derjenige mit dem größeren Sachverstand und derjenige, der besser zu Hamburg passt.

28 Prozent der Wähler gaben laut Infratest-dimap an, dass sie sich durch die Regierungsbildung in Hessen beeinflussen ließen, 81 Prozent sind der Meinung, Kurt Becks geäußerte mögliche Tolerierung durch die Linkspartei habe der SPD geschadet. 52 Prozent der Wähler hielten denn auch Michael Naumanns Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der Linken für unglaubwürdig.

Geringe Wahlbeteiligung zulasten der CDU

Bei der sogenannten Wählerwanderung ist auffallend, dass die Union an alle größeren Parteien Stimmen abgab. Mit 11.000 Stimmen kam dies der FDP am meisten zugute, der dies dennoch nicht für einen Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde reichte. Lediglich die Splitterparteien verloren 3000 Stimmen an die Union.

Die gesunkene Wahlbeteiligung ging mit Abstand am stärksten zu Lasten der CDU, die an die Gruppe der Nichtwähler 41.000 Stimmen verlor. Ein vergleichsweise großer Wähleraustausch fand bei der SPD statt.

10.000 bisherige Grünen-, 1000 CDU-Wähler und 5000 frühere Anhänger von Mini-Parteien entschieden sich diesmal für die SPD. Sie verlor dafür stark an die Linke (9000) und an die Nichtwähler (11.000) sowie etwas an die FDP (2000). Die Grünen wiederum verloren stark neben der SPD auch an die Nichtwähler (16.000) und an die Linke (6000). Diese konnte sich (außer bei der FDP) aus allen Lagern bedienen. Mit am meisten scharte sie bisherige Wähler der Kleinstparteien (17000) und vorherige Nichtwähler (9000) um sich.

Während die SPD bei allen Altersgruppen Stimmen gewinnen konnte, ist das Bild bei der CDU durchwachsen: Diese liegt, anders als 2004, nur noch bei den über 60-jährigen Wählern mit deutlichem Abstand an erster Stelle. Hier erzielte sie 57 Prozent, bei den unter 30-Jährigen hingegen nur 34 Prozent. Umgekehrt wurde die SPD bei den unter 30-Jährigen stärkste Partei mit 40 Prozent, und erzielte hier ihr bestes Ergebnis und ihre größten Stimmengewinne (plus 12) innerhalb der Altersgruppen.

Bei den Berufsgruppen ist die SPD bei Arbeitern (39 Prozent) und Arbeitslosen (41 Prozent) am erfolgreichsten. In beiden Gruppen legte sie überdurchschnittlich zu, konnte die CDU bei den Arbeitern als stärkste Kraft aber nicht verdrängen. Bei den Männern verlor die CDU stärker als bei Wählerinnen, bei denen sie ihr Stimmenniveau halten konnte. Insbesondere bei den älteren Frauen war dieses unverändert, die Verluste bei den älteren Männern fielen dagegen um so größer aus. Auch die SPD schnitt bei den Frauen besser ab als bei den Männern.

Bei der Bürgerschaftswahl standen landespolitische Aspekte so deutlich im Vordergrund wie schon lange nicht mehr bei einer Landtagswahl: Für 75 Prozent der Befragten war die Politik vor Ort für die Wahlentscheidung wichtiger, für nur 21 Prozent gab die Bundespolitik den Ausschlag. Im Fokus der Wähler standen vor allem drei inhaltliche Aspekte: Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit und Bildungspolitik, in denen die Parteien unterschiedlich stark punkten konnten.

Mehrheit für große Koalition

Während CDU und FDP vor allem mit Wirtschaftsthemen überzeugten, lag die SPD bei Gerechtigkeits- und Bildungsfragen vorn und konnte darüber auch neue Wähler hinzugewinnen. Noch stärker war die Gerechtigkeitsfrage bei der Entscheidung zugunsten der Linkspartei von Bedeutung: 69 Prozent ihrer Wähler orientierten sich an diesem Thema. Die Grünen wurden in ihrem Kernthema Umweltpolitik gut bewertet, verloren jedoch Wähler aus sozial- und schulpolitischen Beweggründen.

Da zukünftig keine Partei allein regieren kann und die klassischen Zweier-Koalitionen nicht mehrheitsfähig sind, versprechen die Koalitionsverhandlungen der nächsten Wochen Spannung. Bei der Abfrage konkreter Koalitionsmodelle befürworten 40 Prozent der Wähler eine Große Koalition, für Schwarz-Grün votieren nur 24 Prozent, wenig mehr als für Rot-Rot-Grün, das 21 Prozent gutheißen. Interessant ist, dass 50 Prozent der Grünen-Wähler eine Koalition mit der SPD und der Linken bevorzugen und nur 40 Prozent ein Zusammengehen mit der CDU. Auch 40 Prozent der CDU-Anhänger fänden Schwarz-Grün gut.

Die Große Koalition wird ihre Mehrheit im Bundesrat behalten - diese droht allerdings weiter zu schmelzen. Sollte in Hessen und in Hamburg ein anderes Regierungsbündnis als eine Große Koalition zustandekommen, dann hätte Schwarz-Rot immer noch eine knappe Mehrheit von 36 zu 33 Stimmen.

© SZ vom 26. Februar 2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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