Wahlprogramm:Steuern runter, Schulden rauf

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Die Konservativen wollen Bürger und Unternehmen entlasten, die Defizit-Regeln der EU sind da nebensächlich.

Von Leo Klimm

Nicolas Sarkozy bleibt sich treu: Die Haushaltsregeln der EU kümmern ihn nicht besonders. Schon 2007, gleich nach seiner Wahl zum Staatspräsidenten, platzte Sarkozy in eine denkwürdige Sitzung des Finanzministerrats in Brüssel, um eine Lockerung der Sparauflagen für Frankreich durchzusetzen. Als später die Finanzkrise Europa heimsuchte, ließ er sogar ein Staatsdefizit von bis zu 7,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu. Bis heute hat es Frankreich nicht geschafft, den erlaubten Höchstwert von drei Prozent einzuhalten.

Nun, da Sarkozy wieder ins Präsidentenamt strebt, will er die unbequemen EU-Haushaltsregeln ein weiteres Mal aufweichen. Vertrauten soll er bereits angekündigt haben, er werde nach der Präsidentenwahl 2017 als frisch gewählter Staatschef mit der EU-Kommission verhandeln, um die schon mehrmals aufgeschobene Senkung des Defizits unter drei Prozent weiter hinauszuzögern. Sarkozy steht damit nicht allein. Alain Juppé, sein stärkster Rivale um die Kandidatur der Republikaner, spricht den Wunsch der Konservativen offen an. "Verhandlungen mit Brüssel sind möglich", sagt Juppé. Man müsse nur glaubhaft machen, dass Frankreich zu Reformen bereit sei, etwa bei der Rente.

Damit ist absehbar, dass sich Deutschlands größter Euro-Partner weiter nicht an die Regeln des EU-Stabilitätspakts hält. Der Haushaltsentwurf der regierenden Sozialisten für 2017 sieht zwar ein Defizit von lediglich 2,7 Prozent vor. Doch das erscheint angesichts äußerst optimistischer Grundannahmen, etwa zum Wirtschaftswachstum, schon jetzt nicht einlösbar zu sein. Und bei den Konservativen, die beste Aussichten auf die Rückkehr an die Macht haben, fordern alle Kandidaten, die EU-Vorgaben hintanzustellen, mitunter sogar bis 2019. Juppé zeigt noch die größte Disziplin. Seinem Programm zufolge ist das Defizitziel zumindest 2018 in Reichweite.

Die Entlastung soll schnell greifen, die Einschnitte kämen erst später

Zur Rechtfertigung für den angekündigt laxen Umgang mit Schulden führen die Konservativen natürlich das Erbe der Sozialisten an, denn die würden einen geschönten Etat hinterlassen. Vor allem aber ist Sparen nicht ihre eigene Priorität. Für dringender halten Sarkozy wie Juppé massive Steuer- und Abgabensenkungen; beide versprechen Wirtschaft und Bürgern eine Entlastung im Umfang von bis zu 100 Milliarden Euro. Demnach sollen die Steuern für Unternehmen und auf Einkommen sinken, die Vermögensteuer wollen beide ganz abschaffen. Diese Entlastungen, die Mindereinnahmen für den Staat bedeuten, sollen schon 2017 greifen. Dagegen planen die Kandidaten ihre Ausgabenkürzungen - etwa durch den Abbau von Beamtenstellen - über ihre ganze Amtszeit von fünf Jahren zu strecken.

"Die Idee, das Defizit zu Beginn der Amtszeit zeitweise zu vergrößern, ergibt ökonomisch Sinn", verteidigt der Republikaner Gilles Carrez, Vorsitzender des Finanzausschusses der Nationalversammlung, diesen für deutsche Konservative fremden Ansatz, der auf mehr Nachfrage setzt. Frankreichs Konservative erhoffen sich so mehr Wachstum und letztlich den Abbau der hohen Arbeitslosigkeit.

Carrez räumt auch Risiken ein: Neue Schulden setzten voraus, dass ausländische Investoren Frankreich vertrauten und günstig Geld liehen. Und sie setzen voraus, dass keine neue Finanzkrise über Europa kommt. So wie damals, als Nicolas Sarkozy Präsident war.

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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