Wahlkampf:Harter Sozi gesucht

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Boris Pistorius (SPD) stammt aus Osnabrück, wo er von 2006 bis 2013 Oberbürgermeister war, ehe er Innenminister in der niedersächsischen Landesregierung wurde. (Foto: Holger Hollemann/dpa)

Die innere Sicherheit bewegt die Wähler, doch wer kann die Pläne der Parteien glaubwürdig verkörpern? Auf welche Politiker SPD und Union setzen.

Von Nico Fried

Nur mal angenommen, die SPD gewinnt die Bundestagswahl. Dann hat der neue Kanzler Martin Schulz ein Problem, besser gesagt: vier Probleme. Sie heißen Sigmar Gabriel, Thomas Oppermann, Hubertus Heil und Boris Pistorius. Vier Männer, alle aus Niedersachsen. Zu viele für den SPD-Proporz. Und mindestens drei von ihnen wollten vermutlich ein schönes Amt, am liebsten in der Bundesregierung. Seinem Vorgänger im SPD-Vorsitz, Sigmar Gabriel, hat Schulz schon eins versprochen. Viel wichtiger wäre für einen SPD-Kanzler aber wahrscheinlich der vierte Mann, ausgerechnet derjenige, der schon gesagt hat, er wolle einstweilen gar nicht in die Bundespolitik: Boris Pistorius, Innenminister der rot-grünen Koalition in Hannover.

Zusammen mit Schulz hat Pistorius, 57, jüngst zehn Punkte für die innere Sicherheit vorgelegt. Die Einführung des Kanzlerkandidaten war kurz, der Vortrag des Landesinnenministers dafür umso ausführlicher: Mehr Polizisten, bessere Ausstattung, intensivere Zusammenarbeit in Europa. Vor allem aber konnte Pistorius darauf verweisen, dass er gegen islamistische Gefährder bereits auf der Grundlage der bestehenden Gesetze entschlossen durchgegriffen habe, durch eine sofortige Abschiebung nach Paragraf 58a des Aufenthaltsgesetzes. Da war Pistorius rigoroser als andere von der SPD regierte Bundesländer.

So einen bräuchte Schulz. Seit Otto Schily in der Regierung von Gerhard Schröder als oberster SPD-Ordnungshüter die Innenpolitik als Angriffsfläche abdeckte, indem er den Konservativen Respekt einflößte und dem grünen Koalitionspartner die Tränen in die Augen trieb, gilt einer, der auch mal den harten Hund gibt, als Voraussetzung für eine erfolgreiche, SPD-geführte Regierung. Zudem kann sich Boris Pistorius auch auf dem Berliner Boden sicher bewegen. Den Auftritt neben Schulz bewältigte er souverän und selbstbewusst. Und auf dem Fest der SPD-Zeitung Vorwärts war schon der eine oder andere Journalist zu beobachten, der die Nähe des Niedersachsen suchte.

Nur mal angenommen, die Union gewinnt die Wahl. Dann hat Angela Merkel ein Problem, besser gesagt: zwei. Sie heißen Thomas de Maizière und Joachim Herrmann. Beide sind Innenminister - de Maizière, der CDU-Mann und Weggefährte Merkels, im Bund; Herrmann, der CSU-Mann und Gefolgsmann des Parteichefs Horst Seehofer, in Bayern. Sie sind Rivalen, auch wenn es keiner so ausspricht.

Schon im Wahlkampf wird die Union voll auf das Thema Sicherheit setzen. Im Bierzelt zu Trudering, das vor allem wegen Merkels außenpolitischer Bemerkungen berühmt wurde, bekräftigte Seehofer von der Kanzlerin unwidersprochen die Linie in simplen Worten: null Toleranz gegenüber Kriminellen. Herrmann hat sich zum Spitzenkandidaten der CSU für die Bundestagswahl nominieren lassen. Es ist offenkundig, dass der Weg ins Bundesinnenministerium führen soll. De Maizière hält dagegen, gerne auch mit der Forderung nach mehr Kompetenzen des Bundes. Ausgang offen.

© SZ vom 14.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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