Wahlen:Le Pen geht in die Offensive und lässt Parteivorsitz ruhen

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Mit dem Ruhen ihres Amtes will Le Pen "alle Franzosen zusammenbringen" und "über den Parteiinteressen stehen". Foto: Michel Spingler (Foto: dpa)

Paris (dpa) - Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen versucht, vor der entscheidenden Stichwahl um das Präsidentenamt ihre Wählerbasis zu verbreitern.

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Paris (dpa) - Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen versucht, vor der entscheidenden Stichwahl um das Präsidentenamt ihre Wählerbasis zu verbreitern.

Le Pen kündigte an, ihr Amt als Vorsitzende der rechtsextremen Front National (FN) vorübergehend ruhen zu lassen. Sie wolle "alle Franzosen zusammenbringen" und "über den Parteiinteressen stehen", sagte die 48-Jährige. Heute warb sie zudem um Wähler des im ersten Wahlgang ausgeschiedenen Konservativen François Fillon.

Die Franzosen haben in einer Stichwahl am 7. Mai die Entscheidung zwischen der EU-Feindin Le Pen und dem pro-europäischen früheren Wirtschaftsminister Emmanuel Macron. Der 39-Jährige hatte die erste Runde am Sonntag mit 24 Prozent gewonnen, Le Pen kam auf 21,4 Prozent. Sie hatte sich unmittelbar danach wieder in den Wahlkampf gestürzt und ihren Kontrahenten scharf angegriffen. Der 39-jährige Macron liegt in Umfragen klar vorn. Er will am Mittwoch in Nordfrankreich um Stimmen werben, wo Le Pen viel Unterstützung hat.

Le Pen bezeichnete den einstweiligen Verzicht auf den Parteivorsitz am Montagabend im TV-Sender France 2 als "unverzichtbar". "Heute Abend bin ich nicht mehr Präsidentin der FN, ich bin Präsidentschaftskandidatin." Die Ankündigung wurde von mehreren französischen Medien als symbolisch eingestuft und als Versuch gewertet, sich vom für viele Wähler negativen Image der FN zu lösen.

Welche Folgen dies auf die Führung der Partei hat, sagte Le Pen nicht. Die Parteistatuten sehen vor, dass die Vorsitzende "bei Abwesenheit oder Krankheit" vom ersten Stellvertreter ersetzt wird. Dies wäre der in der Öffentlichkeit weniger bekannte Europaabgeordnete Jean-François Jalkh.

Am Rande eines Besuchs auf einem Großmarkt in der Nähe von Paris äußerte Le Pen "einen Gedanken für die Wähler von François Fillon". Sie warf dem Ex-Premier einen "Verrat" seiner Anhänger vor, weil er angekündigt hatte, für Macron zu stimmen, um Le Pen zu verhindern. Zuvor hatte er Macron immer wieder scharf angegriffen. Der stellvertretende FN-Chef Florian Philippot äußerte im Sender Franceinfo zugleich die Hoffnung, dass auch viele Wähler des ausgeschiedenen Linkskandidaten Jean-Luc Mélenchon für Le Pen stimmen könnten. "Ich weiß, dass viele seiner Wähler in jedem Fall ablehen würden, für Macron zu stimmen."

Umfragen sehen Macron für die Stichwahl gegen Le Pen bei 60 Prozent oder mehr. Auch die im ersten Wahlgang unterlegenen Sozialisten und Konservativen wollen Le Pen aufhalten. Allerdings gibt es auch Vorbehalte gegenüber dem wirtschaftsfreundlichen Macron. So rief die wichtige linke Gewerkschaft CGT zwar dazu auf, Le Pen zu verhindern, kritisierte aber zugleich die Politik Macrons.

"Le Pen könnte einige Stimmen aus dem Lager des gescheiterten konservativen Kandidaten François Fillon bekommen, aber das wird die Wahl nicht zu ihren Gunsten entscheiden können", sagte der deutsch-französische Publizist und Politikwissenschaftler Alfred Grosser der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag). Le Pen habe viele potenzielle Sympathisanten verprellt "durch aggressivere Töne in den letzten Tagen, Rassismus und Islamfeindlichkeit und durch den Vorwurf, die Regierung trage für die Terroranschläge Verantwortung".

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