Tschechien bietet derzeit eine interessante Fallstudie zu der Frage, was passieren kann, wenn eine große konservative Partei ihre Anhängerschaft auf Dauer frustriert. Schon zum zweiten Mal binnen weniger Monate ist jetzt die Demokratische Bürgerpartei (ODS), die seit der Wende von 1989 als führende Kraft des bürgerlichen Lagers die politische Szene beherrschte, bei einer Wahl quasi halbiert und auf Stimmenanteile um die 20 Prozent zurückgestutzt worden.
Das Fiasko ist die gerechte Strafe für eine Serie von Skandalen und für das arrogante Gebaren des Ex-Ministerpräsidenten Mirek Topolanek und seiner Kamarilla.
Den größten Vorteil zieht daraus die neue konservative Partei TOP09 des Fürsten Karel Schwarzenberg und seines Kompagnons Miroslav Kalousek. Sie konnte sich als seriöse bürgerliche Alternative zur ODS präsentieren und die ODS-Hochburg Prag gleich im ersten Ansturm schleifen. Ansonsten aber fehlt es dieser neuen Partei offenkundig im Landesinneren an Organisation und Basisstruktur. Ihre Bäume wachsen nicht in den Himmel.
Erst recht gilt dies für einen zweiten Neuling, die populistische Gruppierung "Öffentliche Angelegenheiten". Sie erlebte jetzt bei der Kommunalwahl ein flächendeckendes Desaster, obwohl sie ebenso wie TOP09 noch bei der nationalen Parlamentswahl im Mai auf Anhieb in die Regierung gekommen war.
Die Wähler schauen eben genau hin und stellen fest, dass den populistischen Versprechungen keine Taten folgen. Zwei grundlegende Erkenntnisse sind daraus abzuleiten. Erstens: Ob ein Versager bestraft wird, ist vor allem eine Frage der Alternative. Und zweitens: Wer als Alternative versagt, wird ebenfalls bestraft.