Wahlen:Hintergrund: Alternativen zu Schulz und Juncker

Lesezeit: 2 min

Brüssel/Berlin (dpa) - Vielleicht kommt alles ganz anders. Jean-Claude Juncker hat als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) im Kampf um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten die Nase vorn. Denn seine Parteiengruppe hat die meisten Sitze im Europaparlament gewonnen.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Brüssel/Berlin (dpa) - Vielleicht kommt alles ganz anders. Jean-Claude Juncker hat als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) im Kampf um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten die Nase vorn. Denn seine Parteiengruppe hat die meisten Sitze im Europaparlament gewonnen.

Martin Schulz, der Spitzenmann der Sozialdemokraten, will aber auch Nachfolger von José Manuel Barroso werden und sucht eine eigene Mehrheit. Und wenn es keiner von beiden wird? Längst werden alternative Namen gehandelt:

HELLE THORNING-SCHMIDT (Dänemark): Sozialdemokratische Ministerpräsidentin seit 2011, die auch darüber hinaus einiges an Europa-Erfahrung aufzubieten hat. Studium in Brügge, ehemaliges Mitglied im EU-Parlament und dazu noch Schwiegertochter des ehemaligen britischen EU-Kommissars Neil Kinnock. Wäre die erste Frau an der Spitze der EU-Kommission. Spitzname der 47-Jährigen, wegen teurer Kleidung: „Gucci-Helle“. Anderswo auch bekannt durch ihr „Selfie“-Foto mit US-Präsident Barack Obama.

CHRISTINE LAGARDE (Frankreich): Ehemalige französische Finanzministerin von der konservativen UMP, in der Euro-Krise gestählt. Jetzt, mit 58 Jahren, Geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington. War auf beiden Posten die erste Frau - wäre dies auch an der Spitze der Kommission. International bestens vernetzt, persönliche Freundin von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble - gilt in Europas Südländern allerdings als schwer vermittelbar.

JYRKI KATAINEN (Finnland): Noch-Ministerpräsident (seit Juni 2011) von der konservativen Nationalen Sammlungspartei, zuvor Finanzminister. Hat, mit gerade mal 42 Jahren, bereits für Juni seinen Rücktritt angekündigt. Will nun in Brüssel eine internationale Karriere einschlagen - vielleicht als EU-Kommissar seines Landes. Wäre aber auch ein möglicher Konsenskandidat für das Amt des Kommissionspräsidenten, auch wenn er selbst zuletzt immer wieder seine Unterstützung für Juncker betonte.

VALDIS DOMBROVSKIS (Lettland): Ehemaliger Ministerpräsident der Baltenrepublik von den Konservativen. Wollte selbst Spitzenkandidat der EVP werden, zog dann aber zurück. Ebenfalls erst 42 Jahre alt, aber auch schon mit langer Karriere. War bereits Finanzminister und Mitglied im EU-Parlament. Machte sein Land fit für den Euro. Musste nach dem Einsturz eines Supermarkt-Dachs mit vielen Toten 2013 als Ministerpräsident zurücktreten.

ENRICO LETTA (Italien): Ehemaliger italienischer Ministerpräsident von der Mitte-Links-Partei Partito Democratico (PD). Musste im Februar trotz anerkannt guter Arbeit seinem Nachfolger Matteo Renzi weichen. Der 47-Jährige war auch schon einmal Mitglied des Europaparlaments. Was gegen ihn spricht: Italien hat mit Mario Draghi an der Spitze der Europäischen Zentralbank schon einen der absoluten Top-Posten in Europa.

GUY VERHOFSTADT (Belgien): Der 61-Jährige gilt als politischer Überlebenskünstler. Bis 2008 war er insgesamt neun Jahre Ministerpräsident seines Heimatlandes. Seit 2009 ist der Jurist Fraktionschef der Liberalen im Europaparlament - und war ihr Spitzenkandidat bei der Europawahl. Gerne rühmt er sich seiner Fähigkeit, Mehrheiten organisieren zu können. Denn sollten sich die zwei großen Parteien nicht einigen, schlägt vielleicht doch die große Stunde der Liberalen.

ENDA KENNY (Irland): Premierminister seit März 2011. War zwar nie im Europaparlament, gilt dennoch als Europäer durch und durch. Bekam 2013 viel Applaus für eine gelungene irische Ratspräsidentschaft. Managte erfolgreich die irische Finanzkrise und erreichte einen für sein Land günstigen Zins-Deal. Der 63-Jährige gilt als Gefolgsmann von Kanzlerin Angela Merkel. Ein Pluspunkt für ihn könnten die guten irischen Drähte in die USA sein, mit denen die EU ein Freihandelsabkommen anstrebt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: