Wahlen:Frankreichs Konservative stimmen gegen Populismus-Strategie

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Paris (dpa) - Es ist die große Revanche des Mannes, den Gegner als "Mister Nobody" verspotteten. Der frühere Premierminister François Fillon ist in kürzester Zeit von "ferner liefen" zum Favoriten für die Präsidentschaftskandidatur der französischen Konservativen aufgestiegen.

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Paris (dpa) - Es ist die große Revanche des Mannes, den Gegner als „Mister Nobody“ verspotteten. Der frühere Premierminister François Fillon ist in kürzester Zeit von „ferner liefen“ zum Favoriten für die Präsidentschaftskandidatur der französischen Konservativen aufgestiegen.

In die Stichwahl am kommenden Sonntag geht er nach seinem Erdrutsch-Sieg im ersten Wahlgang mit einem deutlichen Vorsprung. Der große Favorit Alain Juppé muss seine Wunden lecken und ist auf die Rolle des Außenseiters zurechtgestutzt.

Gleichzeitig haben die Wähler Ex-Präsident Nicolas Sarkozy bei der Vorwahl des bürgerlichen Lagers unerwartet klar zur Polit-Rente verdonnert. Ein doppelter Paukenschlag, der den Ton der französischen Präsidentschaftswahl prägen wird. Sarkozys Strategie, mit Hardliner-Positionen der rechtsextremen Front National (FN) das Wasser abzugraben, überzeugte nicht. Das sei „eine Niederlage für Leute aus etablierten Parteien, die versuchen, mit populistischen Themen zu spielen“, sagt Claire Demesmay, Frankreich-Expertin bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin.

Die Kandidatur des bürgerlichen Lagers entscheidet sich damit zwischen zwei ehemaligen Regierungschefs, die im Stil das Gegenteil des quirlig-provokanten Sarkozy sind. Und beide verkörpern klassische Kandidatenprofile - eine lange Polit-Laufbahn, viel Regierungserfahrung, moderates Auftreten. Zwei Anti-Trumps. Die große Frage ist: Wer von ihnen hat die besseren Chancen, gegen die FN-Kandidatin Marine Le Pen standzuhalten?

Denn darum geht es letztlich bei der zweiten Abstimmungsrunde am kommenden Sonntag. Nach der Pleiten-Pech-und-Pannen-Präsidentschaft von François Hollande wäre es ein politisches Wunder, wenn die Linke sich doch noch die Chance auf weitere fünf Jahre im Élysée erkämpft. Le Pen sieht sich nach dem Brexit-Votum und der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten bestärkt. Laut Umfragen kann sie darauf hoffen, im ersten Wahlgang die meisten Stimmen zu bekommen und somit in die Stichwahl einzuziehen.

Sowohl Fillon als auch Juppé vertreten in der Sicherheitspolitik, die nach den Terroranschlägen ein heißes Thema ist, gemäßigtere Positionen. Doch bei anderen Themen gibt es große Differenzen. Die Zeitung „Le Monde“ spricht von einem Duell zwischen der Philosophie Margaret Thatchers und dem Erbe des Ex-Präsidenten Jacques Chirac. Während Fillon sich als knallharter Wirtschaftsreformer im Stil der britischen „eisernen Lady“ positioniert, steht Juppé für eine moderatere Reformpolitik.

Zudem sprechen Fillons Werte eine konservativ-katholische Kernklientel an - er will etwa die Adoption auf heterosexuelle Paare beschränken. Und der Ex-Premier wirbt immer wieder für ein besseres Verhältnis zu Russland, mit dem die sozialistische Regierung sich im Syrien-Konflikt überworfen hat.

Bei einer Stichwahl gegen Le Pen könnte all das linke Wähler abschrecken, für die der Konsenskandidat Juppé deutlich leichter zu akzeptieren wäre. Andererseits könne Fillon auch für manche FN-Wähler interessant sein und die Frontisten schon im ersten Wahlgang schwächen, sagt Demesmay - womöglich so sehr, dass die Entscheidung dann doch ganz klassisch zwischen dem Konservativen und einem Sozialisten ausgefochten wird? „Fillon ist das schwierigste Szenario für Marine (Le Pen)“, sagte ein anonymer FN-Politiker zu „Le Monde“.

Ob Juppé noch eine Chance hat, hängt jetzt wohl auch an Wählern aus dem linken Lager. An der ersten Runde der bürgerlichen Vorwahl nahmen laut Presseberichten und einer Umfrage auch Wähler aus dem gegnerischen Spektrum teil - Bedingung war nur, im Wählerregister zu stehen, zwei Euro zu zahlen und sich per Unterschrift zu den „republikanischen Werten der Rechten“ zu bekennen. Nach Einschätzung von Beobachtern ging es ihnen vor allem darum, Sarkozy zu verhindern. „Wenn sie sich jetzt gegen die Politik von Fillon aufstellen wollen und sich wirklich massiv beteiligen, dann hat auch Juppé Chancen“, meint Claire Demesmay. „Es wird sehr schwierig für ihn, aber das Spiel ist noch nicht aus.“

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