Wahl zum UNO-Generalsekretär:Probeläufe vor dem Ernstfall

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Bei den ersten Test-Abstimmungen für die Nachfolge von Kofi Annan liegen zwei Asiaten vorn - das kann sich aber noch ändern.

Nicolas Richter

Zwei Mal schon ist Ban Ki Moon zum Generalsekretär gewählt worden - zumindest in zwei Probeabstimmungen, die der Sicherheitsrat bereits abgehalten hat. Was freilich nicht bedeutet, dass Südkoreas Außenminister tatsächlich der Nachfolger Kofi Annans wird. Die ungeschriebenen Gesetze, nach denen der UN-Chef bestimmt wird, besagen, dass die Favoriten, die anfangs heiß gehandelt werden, am Ende meist leer ausgehen. In der Regel taucht zum Schluss noch ein Kompromisskandidat auf.

Letztlich gewinnt nicht der qualifizierteste Kandidat, sondern jener, gegen den kein wichtiges UN-Mitglied etwas einzuwenden hat. Die ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat - USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und China - machen die Besetzung des diplomatischen Spitzenpostens unter sich aus. Die Generalversammlung bestätigt dann nur noch, was die Mächtigen ausgehandelt haben.

Es hat in diesem Jahr schon zahllose Vorschläge gegeben, die Wahl des UN-Generalsekretärs transparenter zu gestalten. Denkbar wäre, dass sich die Kandidaten in einer öffentlichen Anhörung vorstellen und Fragen zu ihrem Programm beantworten. Doch davon wollen die Weltmächte nichts wissen.

"Ermutigt" von 14 Staaten

Ban Ki Moon ist fraglos ein kompetenter Diplomat, der sich auch in verfahrenen Situationen auskennt: So spielte er eine führende Rolle bei den Sechs-Staaten-Gesprächen, die Nordkorea von dessen Atomprogramm abbringen sollten. Allerdings fehlt Ban das Charisma, das Amtsinhaber Kofi Annan auszeichnet. Bei der jüngsten Testwahl im Sicherheitsrat ist Ban durch 14 von 15 Staaten ,,ermutigt'' worden. Wenn dieser 15. Staat, der ihn offenbar ablehnt, jedoch im Ernstfall eine Vetomacht wäre - dann wäre er sogleich aus dem Rennen.

Ende September wird in einer weiteren anonymen Probeabstimmung nach Veto-Mächten und allen anderen unterschieden - erst dann wird Ban wissen, wie gut seine Chancen wirklich sind. Die Konkurrenz ist hart: Als zweitbester hat bislang der indische Diplomat und Schriftsteller Shashi Tharoor abgeschnitten, er leitet die UN-Kommunikationsabteilung und kennt die UN seit Jahrzehnten.

Sein Nachteil: Mit 50 Jahren gilt er eventuell als noch zu jung und nicht genügend durchsetzungsstark. Ein interessanter Kandidat ist auch Jordaniens UN-Botschafter Prinz Raad Seid el-Hussein, er gehörte zu den Vorkämpfern für den Internationalen Strafgerichtshof und wäre der erste Araber auf dem höchsten UN-Posten, gilt aber als US-freundlich.

Die Asiaten bestimmen das Bewerberfeld, weil Generalsekretäre abwechselnd von verschiedenen Kontinenten stammen sollen; diesmal ist Asien an der Reihe. Allerdings bemängeln die Osteuropäer, dass sie noch nie an der Reihe waren. Kürzlich also nominierten die baltischen Staaten die lettische Staatspräsidentin Vaira Vike-Freiberga.

Das US-Außenminsterium hält sich noch bedeckt. Unter-Staatssekretärin Kristen Silverberg sagte der Süddeutschen Zeitung, der US-Regierung gehe es darum, dass sich Annans Nachfolger für eine Reform der UN, für Demokratie und Menschenrechte einsetze. Sie wünsche eine baldige Einigung auf einen Nachfolger. Bei Annan gelang das seinerzeit nicht: Erst am 13. Dezember 1996 verständigten sich die USA und Frankreich auf ihn - zwei Wochen vor Beginn seiner ersten Amtszeit.

© SZ vom 20. September 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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