Waffenbesitz:Merkel will schärfere Kontrollen

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Nach dem Amoklauf appelliert Kanzlerin Merkel an Eltern und Erzieher, dass Kindern nicht zu viel Gewalt zugemutet wird. Innenminister Schäuble warnt vor voreiligen Gesetzesinitiativen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) macht sich für schärfere Kontrollen von Waffenbesitzern stark. Nach dem Amoklauf von Winnenden müssten die Experten überlegen, ob man durch unangemeldete Kontrollen die ordnungsgemäße Aufbewahrung von Waffen und Munition überprüfen könne, sagte Merkel am Sonntag im Deutschlandfunk. "Wir müssen alles tun, um zu schauen, dass Kinder nicht an Waffen kommen." Politiker von SPD und Grünen forderten eine Verschärfung des Waffenrechts. Die CSU will Killerspiele verbieten. Bundespräsident Horst Köhler hält eine Debatte über den Zusammenhalt in der Gesellschaft für nötig.

Kanzlerin Merkel fordert mehr Aufmerksamkeit für junge Menschen und schärfere Waffenkontrollen. (Foto: Foto: AP)

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) unterstützte Merkels Vorstoß. Man müsse jetzt über vieles nachdenken, dabei aber immer auch die Konsequenzen beachten, sagte er nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen aus fünf EU-Staaten, bei dem über Jugendgewalt gesprochen wurde. Mit den für den Vollzug des Waffengesetzes zuständigen Ländern müsse man intensiv über Schlussfolgerungen aus dem Amoklauf diskutieren. In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung hatte Schäuble zuvor vor schnellen Gesetzesinitiativen gewarnt.

Bundesjugendministerin Ursula von der Leyen (CDU) sieht Mängel beim Jugendschutz. Ein Vollzugsdefizit gebe es ganz klar, sagte sie den Stuttgarter Nachrichten und der Kölnischen Rundschau (Montag), "auch wenn es Kommunen gibt, die das Thema Kinderschutz ernster nehmen als andere". Gleichzeitig appellierte von der Leyen, Investitionen in Schule und Bildung nicht zu vernachlässigen. Das Unterlassen von Bildungsinvestitionen "schlägt brutal zurück - etwa durch Jugendkriminalität und Jugendarbeitslosigkeit".

Der Bundespräsident richtete den Blick auf den Zusammenhalt in der Gesellschaft. "Diese Tat mahnt uns auch, darüber nachzudenken, ob wir unseren Mitmenschen immer die notwendige Aufmerksamkeit entgegenbringen", sagte Köhler den in Dortmund erscheinenden Ruhr Nachrichten.

In der Debatte über das Waffenrecht trat auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) für unangekündigte Kontrollen ein. "Wir haben nach dem Amoklauf von Erfurt das Waffenrecht verschärft - aber niemand kontrolliert, ob die strengeren Auflagen eingehalten werden", sagte der DPolG-Vorsitzende Rainer Wendt der dpa. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) will mit Blockiersystemen für Waffen und Waffenschränke das Risiko unbefugter Zugriffe minimieren.

Der Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamten, Klaus Jansen, forderte, Sportschützen sollten ihre Munition bei der Polizei abliefern. Ihm sträubten sich die Haare, wenn er höre, dass 5000 Schuss Munition in einem Privathaushalt herumlägen. Großkalibrige Waffen wie die Beretta, die der Amokschütze Tim K. verwendet hatte, gehörten nicht in die Hand von Bürgern, sagte Jansen den Lübecker Nachrichten.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, trat erneut für ein schärferes Waffenrecht ein. "Hier darf die Politik nicht länger vor der Waffenlobby einknicken." Sportschützen müssten Waffen und Munition nicht zu Hause aufbewahren. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer, in dessen Wahlkreis Winnenden liegt, forderte, Waffen in den Schützenvereinen zu lagern. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Fritz Kuhn, in der Rhein-Neckar-Zeitung.

Auch für die meisten Bundesbürger haben Schusswaffen nichts in Privathaushalten zu suchen, wie eine Umfrage für die Bild am Sonntag ergab. Schäuble gab zu bedenken, dass eine zentrale Lagerung von Waffen ein Magnet für Menschen mit krimineller Energie sei.

Bayern will erneut gegen Killerspiele vorgehen. "Ich will am Dienstag in meinem Kabinett über das Killerspielverbot, über die Aufbewahrung von Waffen und vor allem über mehr Prävention beraten", sagte Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer der Bild am Sonntag. Nach Einschätzung der Bundesministerien für Justiz und Familie sind solche Killerspiele aber bereits nach geltendem Recht verboten.

Die Union will nach den wiederholten Gewaltexzessen jugendlicher Täter die Erziehung stärker an Grundwerten ausrichten. Die CDU/CSU- Familienpolitiker wollen Werte wie Toleranz, Höflichkeit, Fleiß und Disziplin vermittelt wissen. Dies sei "der Schlüssel für eine nachhaltige Eindämmung von Jugendgewalt", heißt es in einem der dpa vorliegenden Positionspapier..

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