VW-Affäre:Anklage gegen SPD-Bundestagsabgeordneten Uhl

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Die Staatsanwaltschaft wirft dem Politiker unter anderem Beihilfe zur Untreue vor - er selbst bestreitet dies.

Hans Leyendecker

In der VW-Affäre hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig den SPD-Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Uhl wegen Beihilfe zur Untreue und der Abgabe von falschen eidesstattlichen Versicherungen angeklagt.

Uhl soll in seiner früheren Funktion als leitender VW-Betriebsrat auf Firmenkosten die Dienste von Prostituierten in Barcelona und Seoul in Anspruch genommen haben. Andere angebliche Rotlicht-Veranstaltungen in Hannover waren verjährt.

Uhl soll gewusst haben, dass die Kosten für seine angeblichen Begegnungen mit Prostituierten vom früheren VW-Manager Klaus-Joachim Gebauer aus der Firmenkasse bezahlt worden sein sollen. Außerdem soll er laut Anklage in Streitigkeiten mit Medien fünf falsche eidesstattliche Versicherungen abgegeben haben.

Der aus Hessen stammende gelernte Lehrer, der von 1990 bis 2006 dem Betriebsrat der Volkswagen AG angehörte und in dieser Zeit unter anderem Geschäftsführer des Gesamt- und Konzernbetriebsrats sowie Generalsekretär des Europäischen Konzernbetriebsrats war, bestreitet sämtliche Vorwürfe vehement. Er ist Mitglied der IG-Metall, hat diverse Ehrenämter und ist auch Vorsitzender der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in Wolfsburg.

Um dem 55-Jährigen die öffentliche Hauptverhandlung zu ersparen, vermutlich auch, um weniger Aufwand zu haben und wohl auch, um Uhl zu einem Geständnis zu bewegen, hatte die Staatsanwaltschaft dem Sozialdemokraten im Spätherbst angeboten, das Verfahren mit einem Strafbefehl zu erledigen. Uhl hätte, vorausgesetzt, das Gericht machte mit, eine hohe Summe zahlen müssen, und der Fall wäre erledigt gewesen. Er war aber darauf nicht eingegangen.

,,Es musste alles stimmen, und es musste alles top sein''

In den kommenden Wochen wird ein Strafrichter beim Wolfsburger Amtsgericht prüfen, ob die Anklage, in der die Namen von einundzwanzig Zeugen aufgeführt werden, zur Hauptverhandlung zugelassen wird. Darunter befinden sich etliche Leute aus dem Rotlichtmilieu - Prostituierte sowie auch ein Bordellbesitzer. Die dem Gericht vorgelegten Akten umfassen vier Hauptbände und zwei Beweismittelordner und bestehen im Wesentlichen aus Berichten aus dem Milieu.

Aus den Akten geht hervor, dass Uhl besonders stark von Gebauer belastet wird. Gebauer behauptet unter anderem, er habe Uhl mehrmals Bargeld gegeben, damit dieser die Dienste einer Prostituierten bezahlen konnte. Auch habe er vor Lustreisen des Betriebsrats mit Uhl eine Art Vorauskommando gebildet, um die Örtlichkeiten zu inspizieren: ,,Es musste alles stimmen, und es musste alles top sein'' sagte Gebauer. Er und Uhl hätten in Barcelona oder Budapest vorab Prostituierte ausgewählt. Uhl bestreitet das.

Falls das Amtsgericht die Anklage zulässt, könnte es noch im Frühjahr oder Frühsommer zum Prozess kommen. Vom 17. Januar an muss sich der frühere VW-Arbeitsdirektor Peter Hartz in einer zunächst auf zwei Tage angesetzten Verhandlung vor dem Braunschweiger Landgericht verantworten. Hartz wird Untreue in 44 Fällen und Begünstigung des Betriebsrats vorgeworfen.

Es wird damit gerechnet, dass die Staatsanwaltschaft noch im Januar die Anklage gegen den früheren VW-Betriebsratschef Klaus Volkert fertigstellt. Dem niedersächsischen SPD-Landtagsabgeordneten Günter Lenz, gegen den ebenfalls wegen Beihilfe zur Untreue Ermittlungen laufen, wird die Staatsanwaltschaft vermutlich das Angebot machen, den Fall mit einem Strafbefehl zu erledigen.

© SZ vom 5.1.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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