Verschleppt im Irak:Krisenstab sucht Kontakt zu Entführern

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Noch gibt es keine Spur von Susanne Osthoff - nun will das Auswärtige Amt mit französischen und italienischen Geheimdiensten zusammenarbeiten.

Annette Ramelsberger

Der Krisenstab im Auswärtigen Amt will umgehend mit den Entführern der 43 Jahre alten Deutschen Susanne Osthoff Kontakt aufnehmen. Die Archäologin war am Freitag im Irak verschleppt worden.

"Ein direkter Kontakt hat noch nicht stattfinden können", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Donnerstag in Berlin. "Aber nur wenn wir ins Gespräch kommen, können wir Fortschritte erreichen." Steinmeier zufolge geht es nun darum, auf wen die Bundesregierung im Irak zugehen kann und wem sie zutraut, am ehesten Kontakt zu den Entführergruppen aufzubauen.

Ganz offensichtlich versucht die deutsche Regierung, über Frankreich und Italien an die Entführer heranzukommen, Länder, die bereits von Entführungen im Irak betroffen waren und ihre Landsleute gerettet haben.

Vor allem der französische Geheimdienst hat beste Kontakte in den Irak. Vermutlich wird man auf verschiedenen Ebenen tätig werden und sowohl den Führer eines einflussreichen Clans ansprechen als auch eine geistliche Autorität bemühen.

Dass dabei nicht an Aufwand gespart wird, schwingt in allen Äußerungen mit. Denn auch Vermittler tun ihre Arbeit nicht umsonst. "Es geht jetzt um Seelenmassage auf allen Ebenen", sagt ein Sicherheitsexperte. "Die Gebote der Gastfreundschaft erfüllen sich besonders schnell, wenn man mit einem vollen Koffer kommt."

"Terroristischer Akt"

Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte Äußerungen über mögliche Lösegeldforderungen ab. Das stehe derzeit "überhaupt nicht zur Diskussion", sagte sie in Berlin. "Wir sind daran interessiert, erst einmal herauszufinden, wie man überhaupt Kontakt finden kann."

Der irakische Präsident Dschalal Talabani kündigte an, sich persönlich um die Freilassung zu bemühen. Talabani verurteilte die Entführung als "terroristischen Akt".

Er habe sich persönlich der Angelegenheit angenommen und stehe in ständigem Kontakt mit den irakischen Sicherheitsbehörden, sagte Talabani der Neuen Osnabrücker Zeitung. Sein Land werde mit der deutschen Regierung "in jeder erdenklichen Form zusammenarbeiten".

Deutschland habe weder am Krieg teilgenommen, noch handele es sich bei der Geisel um eine Militärangehörige. Susanne Osthoff ist durch ihre Heirat mit einem Einheimischen einem großen Clan im Irak verbunden.

Außenminister Steinmeier bestätigte am Donnerstag auch Informationen der Süddeutschen Zeitung, wonach ein krimineller Hintergrund der Tat wahrscheinlich ist. "Ich halte das für einen möglichen, aber nicht für einen belastbaren Schluss", sagte Steinmeier. Es sei "erkennbar", dass die Professionalität des Bekenner-Videos "nicht besonders hoch" sei.

Am Rande der Bemühungen um die Geisel vollzieht sich auch ein Wechsel auf höchster Sicherheitsebene: Am Donnerstag trat der neue Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Ernst Uhrlau, seinen Dienst an.

Sein Vorgänger August Hanning wechselte als Staatssekretär ins Innenministerium. Nachfolger Uhrlaus als Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt wird Klaus-Dieter Fritsche vom Bundesverfassungsschutz. Uhrlau muss sich nicht einarbeiten: Er war die ganze Zeit mit der Entführung befasst.

© SZ vom 2.12.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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