Verhandlungen in der Ukraine:Janukowitsch will umstrittene Gesetze kippen

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Mit repressiven Maßnahmen konnte die Regierung die Proteste in der Ukraine nicht stoppen. Nun lenkt Präsident Janukowitsch ein. Heftig umstrittene Einschränkungen der Versammlungsfreiheit sollen wieder aufgehoben werden. Auch eine Amnestie für Demonstranten ist im Gespräch. Druck auf die Regierung kommt auch aus den USA.

Im Machtkampf mit Präsident Viktor Janukowitsch hat die ukrainische Opposition einen wichtigen Etappensieg errungen: Die ukrainische Opposition und die Regierung haben sich im Machtkampf nach offiziellen Angaben auf die Abschaffung umstrittener repressiver Gesetze sowie eine Amnestie für Demonstranten geeinigt. So sollen die vor zwei Wochen im Schnellverfahren erlassenen Gesetze zur Einschränkung der Versammlungsfreiheit wieder zurückgenommen werden.

Nach mehr als vierstündigen Verhandlungen teilte Justizministerin Jelena Lukasch am Montagabend in Kiew außerdem mit, dass das Parlament auch die Verantwortung der Regierung für die Gewalt gegen Demonstranten erörtern solle. Bedingung für die Amnestie sei, dass die Opposition alle in der Stadt besetzten Gebäude und belagerten Straßen räume.

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Oppositionsführer Arseni Jazenjuk lehnte zugleich formell Janukowitschs Angebot ab, das Amt des Regierungschefs zu übernehmen, wie das Präsidentschaftsbüro weiter mitteilte. Janukowitsch war kurz zuvor erneut mit der Opposition zu Verhandlungen zusammengekommen. An dem Krisengespräch nahmen der frühere Boxweltmeister Vitali Klitschko, Jazenjuk von der Vaterlandspartei sowie Oleg Tjagnibok, der Chef der nationalistischen Freiheitspartei, teil.

US-Vizepräsident Joe Biden rief Janukowitsch in der Nacht zum Dienstag in einem Telefonat auf, die Bereitschaftspolizei aus dem Stadtzentrum von Kiew abzuziehen und mit der Opposition zusammenzuarbeiten, wie das Weiße Haus mitteilte. Und er warnte den Staatschef eindringlich, den Ausnahmezustand zu verhängen: "Das würde die Situation nur weiter anheizen und den Spielraum für eine friedliche Lösung schließen." Die Ausrufung des Notstands hatte Justizministerin Lukasch als Reaktion auf die Besetzung von Ministerin durch Demonstranten angedroht.

Parlament trifft sich zu Sondersitzung

Auch Oppositionspolitiker Klitschko warnte vor den Folgen der Ausrufung eines Notstands: "Ich hoffe, dass diese Entscheidung nicht getroffen wird, weil der Ausnahmezustand zu einer neuen Stufe der Kriseneskalation und zu gar nichts Gutem führt", sagte er Medien zufolge.

Das ukrainische Parlament kommt an diesem Dienstag zu einer Sondersitzung zusammen. Außerdem dürfte der Konflikt in der Ukraine Thema beim heutigen EU-Russland-Gipfel in Brüssel sein. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton will am Dienstagabend - zwei Tage früher als geplant - nach Kiew reisen und am Mittwoch mit Vertretern der Konfliktparteien sprechen.

Die seit mehr als zwei Monaten in der Ukraine demonstrierenden Regierungsgegner fordern den Rücktritt Janukowitschs und vorgezogene Neuwahlen. Am Samstag bot Janukowitsch überraschend eine Machtteilung an: Jazenjuk von der Vaterlandspartei sollte demnach das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen und Klitschko dessen Stellvertreter werden. Klitschko hatte das Angebot schon am Sonntag als "vergiftet" abgelehnt.

Bei den jüngsten Krawallen in der Ukraine waren mehrere Menschen ums Leben gekommen, Hunderte wurden verletzt. Radikale Regierungsgegner hatten Verhandlungen mit Janukowitsch komplett abgelehnt. Die prowestliche Opposition um Klitschko setzt hingegen auf Gespräche mit der prorussischen Führung. Weiteres Blutvergießen und eine Eskalation der Lage müssten verhindert werden, sagte Klitschko.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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