Verfahrene Lage in Nahost:Von Krise zu Krise, von Plan zu Plan

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Eigentlich sollte der Nahost-Konflikt seit 2005 gelöst sein - aber die Realität hält sich nicht an das, was auf Konferenzen beschlossen wurde

Thorsten Schmitz

Vor fünf Jahren erklärte US-Präsident George W. Bush in seiner Grundsatzrede zum Nahost-Konflikt, er erwarte einen Palästinenserstaat zum Ende seiner Amtszeit. Diese läuft im Januar 2009 aus.

Gerangel zwischen Palästinenser und israelischem Soldaten (Archivbild). (Foto: Foto: Reuters)

Heute ist Bush schon froh, wenn die Palästinenser sich für die Fatah ihres Präsidenten Machmud Abbas entscheiden. Vergangene Woche sagte Bush, die Palästinenser hätten die Wahl zwischen der Fatah-Organisation, die eine Zwei-Staaten-Lösung mit Israel favorisiert, und der in Gaza herrschenden Hamas, die Israels Zerstörung propagiert.

Mit der Machtergreifung der radikal-islamischen Hamas vor wenigen Wochen in Gaza sind die Aussichten auf eine Verwirklichung des Friedensfahrplans des Nahost-Quartetts in weite Ferne gerückt. Denn der Plan verlangt unter anderem die Entwaffnung und Auflösung der Hamas.

Vor fünf Jahren hatten Vertreter der USA, Russlands, der EU und der Vereinten Nationen in Madrid das Nahost-Quartett gegründet und einen ehrgeizigen Fahrplan entwickelt. Dieser sah die Bildung eines Palästinenserstaats an der Seite Israels in drei Schritten vor.

In der jordanischen Hafenstadt Akaba verpflichteten sich der damalige israelische Premier Ariel Scharon sowie Präsident Abbas im Juni 2003 feierlich, den Plan umzusetzen. Von Israel verlangt dieser unter anderem den Stopp des Siedlungsbaus.

Bis zur Klärung von Streitfragen wie Jerusalem-Status, Grenzverlauf und Flüchtlinge sollten die Palästinenser bereits einen provisorischen Staat ausrufen dürfen - in der Hoffnung, dass sie sich dann bei Verhandlungen über den Endstatus kompromissbereit zeigen würden. Das Ende des Nahost-Konflikts wurde für das Jahr 2005 anvisiert. Doch nun, im Jahr 2007, ist noch nicht einmal dessen erste Phase verwirklicht.

Israel baut weiter im Westjordanland

Der Putsch der Hamas im Gaza-Streifen hat zur Spaltung der palästinensischen Bevölkerung geführt. Im Westjordanland regiert die Fatah, die von den USA mit Finanzhilfen gepäppelt wird. Die Hamas in Gaza dagegen soll international isoliert bleiben.

Auf dem Papier existiert der Friedensfahrplan zwar noch, aber umgesetzt wird er nicht. Anstatt dass Hamas und Terrorgruppen wie der "Islamische Dschihad" entwaffnet worden wären, können die Islamisten es sich sogar leisten, ihre Amtsenthebung durch Abbas zu ignorieren.

Im Westjordanland sollen Abbas und sein Regierungschef Salam Fajad nach dem Willen der westlichen Staaten eine vorbildliche palästinensische Demokratie schaffen. Das Nahost-Quartett strebt einen halben Palästinenserstaat im Westjordanland an und hofft, dass die Hamas bei Neuwahlen nicht wieder an die Macht gewählt wird.

Derweil nutzt Israel die Orientierungslosigkeit der westlichen Diplomatie aus und baut weiter im Westjordanland. Es ist unklar, wann und ob der Friedensfahrplan umgesetzt oder letztlich durch die Initiative der Arabischen Liga ersetzt wird. Diese hat immerhin den Vorteil, dass sie aus arabischer Feder stammt, also nicht als Diktat des Westens gegeißelt werden kann.

Die arabischen Staaten hatten unter Vorsitz Saudi-Arabiens vor wenigen Monaten einen Frieden mit Israel in Aussicht gestellt - unter der Auflage, dass sich Israel komplett aus dem seit 1967 besetzt gehaltenen Westjordanland zurückzieht und einer "gerechten Lösung" für die palästinensischen Flüchtlinge zustimmt.

Am Mittwoch werden Vertreter der Arabischen Liga sowie die Außenminister Jordaniens und Ägyptens in Jerusalem erwartet, um die Chancen dafür auszuloten. Zu den beiden Plänen gesellt sich nun eine neue Initiative ausgerechnet von Bush.

Vergangene Woche gab er bekannt, dass im Herbst eine internationale Nahost-Konferenz stattfinden werde. In Israel wird die Idee begrüßt. Manchen Kommentatoren schwant indes, dass dies nur zu einem weiteren Abschlussdokument führen werde. Und das werde in der Schublade verstauben, wie der Friedensfahrplan.

© SZ vom 25.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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