USA:Tüftler zieht nach Katar

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Er baute eine Uhr, dann nahm man ihn fest. Nun verlässt der irrtümlich als Bombenbauer verdächtigte Junge die USA.

Von Hakan Tanriverdi, New York

Bevor Ahmed Mohamed die USA in Richtung Katar verlassen wird, will er der Polizei seiner Heimatstadt Irving im Bundesstaat Texas einen Besuch abstatten. Dort angekommen, wird er nach einer Uhr verlangen. Es ist eine Uhr, die der 14-jährige Junge selbst zusammengeschraubt hatte, mit Drähten und Schaltteilen. Damit wollte er in der Schule Mitschülern und Lehrern imponieren. Stattdessen aber war er festgenommen worden, da Lehrer und später Polizisten die Uhr für eine Bombe hielten. Einen Monat ist das her.

Die Geschichte von Ahmed und seiner fragwürdigen Festnahme verbreitete sich hunderttausendfach im Netz. Insbesondere das Foto des Jungen in Handschellen, der ein T-Shirt der Raumfahrtbehörde Nasa trägt. Dieses Bild wird seither in Kolumnen und Artikeln als Beweis dafür angeführt, dass die USA zutiefst rassistisch sein können. Ahmed sei ein amerikanisch-sudanesischer Tüftler, den man festgenommen habe, weil er neugierig gewesen sei.

Ahmed bekam nach Bekanntwerden seiner Geschichte viel Zuspruch, zum Beispiel in Form eines Praktikum-Angebots vom sozialen Netzwerk Twitter. Von Facebook und der Elite-Uni M.I.T. kamen Anfragen, ob man sich nicht treffen könne - und auch Präsident Obama schaltete sich ein. "Coole Uhr, Ahmed. Magst du sie ins Weiße Haus bringen?", hatte er getwittert. Der Junge kam zu Besuch und nahm am Astronomie-Abend im Weißen Haus teil, zusammen mit weiteren Schülern, Lehrern, Astronauten und Wissenschaftlern. Die Uhr brachte Ahmed nicht mit.

Die Elite-Uni M.I.T. interessierte sich für Ahmed, Präsident Obama lud ihn ins Weiße Haus ein

Der Terminkalender des Jungen war voll. Über soziale Netzwerke konnte man ihm bei seiner Reise durch die Welt folgen. Saudi-Arabien, mit der für Muslime so wichtigen Pilgerstätte in Mekka, Katar, Sudan, New York, das dortige Google-Büro, und schließlich Washington. Gefallen hat es ihm überall, doch in Katar anscheinend am besten. Nächste Woche wird er, wenn alles nach Plan läuft, mit seiner Familie nach Katar umziehen.

Über die Reise des Jungen wurde in amerikanischen Medien ausführlich berichtet. Kritisiert wurde, dass er sich mit dem sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir betroffen hat. Gegen diesen liegen internationale Haftbefehle wegen Völkermordes vor. Ahmeds Vater war als Kandidat gegen al-Baschir angetreten.

Die Entscheidung, das Land zu verlassen, soll erst vor Kurzem gefallen sein. Nun teilte sie der Vater der Familie in einem Statement mit. Dort heißt es: "Unsere Familie ist überwältigt von den vielen Angeboten und der Unterstützung, die wir seit der bedauerlichen Verhaftung von Ahmed erhalten haben." Die Familie habe die Angebote sorgfältig geprüft und sich dazu entschieden, jenes der katarischen Stiftung für Bildung, Wissenschaft und Gesellschaftsbildung anzunehmen. Ahmed werde dort ein Programm für junge Erfinder absolvieren. Die Ausbildung werde über ein Stipendium bezahlt. Die Familie betont, dass die bestmögliche Ausbildung des Jungen "zentral" für die Entscheidung gewesen sei.

Auch Ahmed Mohamed kommt im Statement zu Wort: "Katar war ein cooler Ort für einen Besuch", sagt er. "Ich mag die Stadt Doha, weil sie so modern ist." Er habe dort viele tolle Schulen gesehen: "Ich glaube, dass ich sehr viel lernen und eine gute Zeit haben werde."

© SZ vom 22.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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