USA:Trauer und Plünderungen

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Philadelphia erlebt die zweite Nacht mit Ausschreitungen bei Demonstrationen, nachdem ein Schwarzer durch Polizeikugeln gestorben ist.

Nach dem Tod eines Afroamerikaners durch Polizeischüsse ist es in Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania in der zweiten Nacht in Folge zu Ausschreitungen gekommen. Die Demonstration Hunderter Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt in der Nacht zum Mittwoch verlief zunächst friedlich, berichteten örtliche Medien und der Sender CNN. Später seien Beamte mit Steinen und Flaschen attackiert worden, ein Mann griff mit einer Axt ein Polizeiauto an. Die Polizei habe Reizgas und Schlagstöcke eingesetzt. Die Polizei berichtete auch, etwa 1000 Personen hätten Geschäfte geplündert. Ob dies mit den Protesten zusammenhing, war zunächst unklar. Die Familie des Getöteten hatte die Demonstranten gebeten, friedlich zu bleiben, um dessen Andenken zu wahren.

In den Straßen von Philadelphia: Szene der Protestdemonstration nach dem Tod eines 27-jährigen Afroamerikaners, den Polizisten erschossen, nachdem er sie mit dem Messer bedroht hatte. (Foto: Matt Slocum/dpa)

Pennsylvania ist einer der Swing States, der umkämpften Bundesstaaten, die bei der Präsidentenwahl nächste Woche entscheidend sein könnten. Auslöser der Proteste war der Tod des 27-jährigen Walter Wallace bei einem Polizeieinsatz am Montag. Der Mann sei mit einem Messer bewaffnet gewesen und habe dieses trotz mehrmaliger Aufforderungen nicht fallen lassen, so die Polizei. Er habe sich auf die zwei Polizisten zubewegt, woraufhin diese auf ihn gefeuert hätten. Passanten filmten den Vorgang mit ihren Smartphones.

Bei den Protesten waren nach Polizeiangaben bereits am Montag 30 Beamte verletzt und 91 Menschen festgenommen worden. "Die Unruhen in Philadelphia sind die jüngste Folge des Krieges der liberalen Demokraten gegen die Polizei", hieß es in einer Erklärung des Weißen Hauses. Es könne aber niemals zugelassen werden, "dass der Mob regiert". Die Regierung von Präsident Donald Trump stehe an der Seite der Strafverfolgungsbehörden und sei auf Anfrage auch bereit, Bundeskräfte zu mobilisieren.

Joe Biden kondoliert den Angehörigen und verurteilt die Gewalt auf den Straßen

Pennsylvanias Gouverneur Tom Wolf, der wie Philadelphias Bürgermeister Jim Kenney den Demokraten angehört, hat laut der Zeitung The Philadelphia Inquirer bereits mehrere Hundert Mitglieder der Nationalgarde aus dem Bundesstaat mobilisiert. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden sprach den Angehörigen des Toten sein Mitgefühl aus, verurteilte aber die Ausschreitungen: "Gleichzeitig entschuldigt Wut über die sehr realen Ungerechtigkeiten in unserer Gesellschaft keine Gewalt."

Die Angehörigen des Getöteten werfen der Polizei unverhältnismäßige Gewalt vor. Es sei bekannt gewesen, dass Wallace psychische Probleme hatte, sagte der Anwalt der Familie Medienberichten zufolge. Wallace habe an einer bipolaren Störung gelitten. Demnach hatte die Familie den Notruf gewählt, um einen Krankenwagen zu rufen. Gekommen sei die Polizei. "Warum haben sie nicht eine Elektroschockwaffe benutzt? Warum mussten sie ihn niederschießen?", fragte Wallaces Vater in The Philadelphia Inquirer. Nicht alle Beamte seien mit solchen Tasern ausgerüstet, sagte Polizeichefin Danielle Outlaw laut dem Sender ABC. Sie versprach lückenlose Aufklärung, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Bilder der Körperkameras der Polizisten wurden zunächst nicht veröffentlicht.

In den USA war es seit Ende Mai zu Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt gekommen. Auslöser war die brutale Tötung des unbewaffneten Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis.

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