USA:Risse in der Verteidigung

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Das Impeachment-Verfahren lief bislang ganz im Sinne Donald Trumps. Doch nun könnte sich das Blatt wenden. Ausgerechnet John Bolton belastet den Präsidenten schwer.

Von Alan Cassidy, Washington

Wer hat den Durchblick? Bis September 2019 war John Bolton (rechts) Nationaler Sicherheitsberater von Donald Trump. (Foto: Brendan Smialowski/AFP)

In das Impeachment-Verfahren gegen Donald Trump kommt neue Bewegung, ausgelöst durch einen Mann, der den US-Präsidenten schon länger nervös macht. John Bolton war bis vergangenen September der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus. Er gehörte in dieser Rolle zu Trumps engstem Kreis, er bekam dort auch aus nächster Nähe die Ukraine-Affäre mit, die zum laufenden Impeachment-Verfahren gegen den Präsidenten geführt hat. Nun plant Bolton, sein Wissen über diese Vorgänge in einem Buch öffentlich zu machen. Die New York Times hat am Sonntagabend über ein Manuskript berichtet, das Bolton zur Autorisierung an das Weiße Haus geschickt hat. Darin gibt der frühere Berater offenbar ein Gespräch mit Trump wieder, das diesen schwer belastet.

Trump habe ihm demnach im August gesagt, dass er die schon damals eingefrorene Militärhilfe von rund 400 Millionen Dollar an die Ukraine so lange zurückbehalten wolle, bis ihm die Regierung in Kiew mit den Untersuchungen gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden und dessen Sohn Hunter helfe. Diese Verknüpfung steht im Zentrum der Anklage, die das Repräsentantenhaus wegen Machtmissbrauchs erhoben hat. Trump und seine Verteidiger bestreiten, dass er die Zahlung der Militärhilfe von Ermittlungen gegen die Bidens abhängig gemacht habe. Es habe kein solches "quid pro quo" gegeben. Die Republikaner im Kongress haben zudem stets argumentiert, dass die Demokraten ihren Vorwurf nie mit Aussagen von Leuten belegt hätten, die mit Trump in direktem Austausch standen. Mit Boltons Aussage fällt diese Verteidigung in sich zusammen. Boltons genaue Zusammenfassung des Gesprächs ist nicht bekannt. Nicht ganz klar ist auch, ob die New York Times im Besitz des Buchmanuskripts ist. In ihrem Bericht beruft sich die Zeitung aber auf mehrere Personen, die Einblick gehabt hätten.

Bolton sagte, er sei bereit, vor dem Senat auszusagen. Dagegen wehrt sich Trump

Der frühere Berater beschreibt die Schilderung der Ukraine-Affäre demnach auf Dutzenden Buchseiten. Gemeinsam mit Außenminister Mike Pompeo und Verteidigungsminister Mark Esper habe er Trump knapp ein Dutzend Mal gedrängt, die blockierte Militärhilfe an die Ukraine freizugeben. Der Präsident habe sich aber konsequent geweigert. Sowohl Pompeo als auch Trumps Stabschef Mick Mulvaney kommen aber in Boltons Buch offenbar nicht nur gut davon. Beide seien über die Rufmordkampagne von Trumps persönlichem Anwalt Rudy Giuliani gegen die US-Botschafterin Marie Yovanovitch informiert gewesen. Boltons Anwalt bestritt den Inhalt des Berichts der New York Times nicht, sondern beklagte sich in einer Stellungnahme lediglich darüber, dass das Manuskript durchgestochen worden sei.

Trump bestritt Boltons Schilderung in einem Tweet: Er habe das "niemals" so gesagt. Sein Anwalt Kenneth Starr sagte am Montag, die Demokraten missbrauchten das Verfahren nur als politische Waffe. Das Impeachment eines Präsidenten führe nur zu Bitterkeit, zerreiße das Land und entspreche "einem Bürgerkrieg". In Washington löste der Zeitungsartikel jedoch Hektik aus. Die Demokraten erneuerten ihre Forderung, dass Bolton im Impeachment-Verfahren als Zeuge auftreten müsse. "Das Verfahren durch den Senat muss die Wahrheit aufdecken und Bolton kann dazu wichtige Informationen beitragen", teilten die sieben Abgeordneten mit, die im Prozess als Ankläger auftreten: "Es gibt keine Rechtfertigung dafür zu warten, bis sein Buch erschienen ist." Die Republikaner hätten nun "keine Ausreden mehr", twitterte der demokratische Senator Chris Van Hollen. Es sei klar, dass Bolton förmlich danach schreie, als Zeuge angehört zu werden.

Tatsächlich hat der frühere Berater bereits Anfang Januar mitgeteilt, dass er zu einer Aussage vor dem Senat bereit sei. Dagegen wehrt sich Trump. In Davos behauptete er, es werde zu einem "Problem der nationalen Sicherheit", wenn Bolton aussage. Der Senat könnte eine Vorladung erzwingen, wenn eine einfache Mehrheit der Parlamentskammer dafür stimmt. Die Republikaner weigerten sich bisher jedoch, Zeugen zu dem Prozess aufzubieten. Sie streben einen kurzen Prozess und einen baldigen Freispruch des Präsidenten an.

Mitte der Woche ist über die Frage nach Zeugen eine Abstimmung vorgesehen. Der Druck auf die Republikaner steigt, von ihrer Haltung abzurücken. Die Demokraten kommen im Senat auf 47 Stimmen. Um einen Auftritt Boltons zu erzwingen, brauchen sie vier Stimmen von Republikanern. Am Samstag hatte Senator Mitt Romney erklärt, dass er "sehr wahrscheinlich" für die Anhörung von Zeugen votieren werde.

In Washington wird über Boltons Motive spekuliert. Vertrauten zufolge wolle er sich nicht dem Vorwurf aussetzen, sein Wissen über die Ukraine-Affäre für sein Buch aufzusparen. Im März soll es erscheinen - unter dem Titel: "Der Raum, in dem es geschah".

© SZ vom 28.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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