USA:Militär distanziert sich von Trump

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Der amtierende sowie der frühere Verteidigungs­minister kritisieren den Umgang des Präsidenten mit den Protesten deutlich.

Von Alan Cassidy, Washington

In US-Militärkreisen wächst der Widerstand gegen den Umgang Donald Trumps mit den Protesten, zu denen es nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd im ganzen Land gekommen ist. Der aktuelle Verteidigungsminister sowie mehrere frühere Verantwortliche und Generäle haben sich von der Drohung des Präsidenten distanziert, Tausende Soldaten gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen, nachdem es in vielen Städten zu Ausschreitungen und Plünderungen gekommen war. Ein solcher Einsatz dürfe nur als letztes Mittel eingesetzt werden, wenn die Umstände wirklich schlimm seien, sagte Pentagon-Chef Mark Esper: "Wir befinden uns nicht in einer solchen Situation."

Erstmals seit seinem Rücktritt Ende 2018 meldete sich auch der frühere Verteidigungsminister James Mattis zu Wort. In einer Stellungnahme, die in Washington für viel Aufsehen sorgte, kritisierte er Trump mit scharfen Worten. Er sei wütend und entsetzt über die Vorgänge dieser Woche, schrieb Mattis, und er kritisierte die gewaltsame Auflösung einer Demonstration vor dem Weißen Haus am Montag. Niemals hätte er gedacht, dass das Militär dazu eingesetzt werden könnte, die von der Verfassung garantierten Rechte der Bürger zu verletzen.

Trump sei der erste Präsident in Mattis' Lebenszeit, der nicht einmal vorgebe, das amerikanische Volk einen zu wollen. Stattdessen versuche er zu spalten, wo er könne: "Wir erleben nun die Konsequenz von drei Jahren dieser Bemühungen." Mattis verglich Trumps Methoden indirekt mit jenen der Nazis. Die Taten weniger Krimineller dürften nicht davon ablenken, worum es beim Protest gegen Polizeibrutalität gehe: Zehntausende Menschen seien auf der Straße, um darauf zu bestehen, dass die USA ihre Werte einhielten, "unsere Werte als Menschen und unsere Werte als Nation".

Zuspruch bekam er von der Senatorin Lisa Murkowski aus Trumps Partei: Die Republikanerin nannte Mattis' Worte "wahr und ehrlich und nötig und überfällig". Mattis zählte zu den wichtigsten Regierungsmitgliedern Trumps. Unter Soldaten genießt der frühere Vier-Sterne-General einen exzellenten Ruf. Der Präsident reagierte mit wütenden Tweets auf die Kritik. Medien zufolge ist Trump auch verärgert über seinen Verteidigungsminister Mark Esper. Der hatte zunächst angeordnet, Soldaten aus dem Großraum der Hauptstadt Washington zurück an ihre Stützpunkte zu schicken, nahm dies aber offenbar nach einer Unterredung mit Trump zurück. Wegen der Proteste sind derzeit rund 1600 Soldaten im Großraum Washington stationiert. Hinzukommen 4500 Nationalgardisten. Unterstützt werden sie von einer großen, nicht näher bekannten Zahl von Sicherheitskräften diverser Ministerien und Bundesbehörden, die zum Teil unkenntlich in den Straßen der Hauptstadt unterwegs sind. Dies führte zu Kritik unter anderem von Washingtons Bürgermeisterin und den Demokraten im Kongress. Zuletzt hatten die Sicherheitskräfte die Straßen rund um das Weiße Haus großräumig abgesperrt, um Demonstranten fernzuhalten.

© SZ vom 05.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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