USA:Eltern lehnen Autopsie ab

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Woran US-Student Otto Warmbier starb, wird unklar bleiben. Warmbier wurde in Nordkorea wegen Diebstahls zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt. Die Eltern erfuhren kürzlich, dass ihr Sohn seit fast 15 Monaten im Koma lag.

Von Sacha Batthyany und Stefan Ulrich, Washington

Die Leiche des US-Studenten Otto Warmbier, der in Nordkorea in Gefangenschaft geriet, wird auf Wunsch seiner Eltern nicht obduziert. Warmbier, 22, wurde im März 2016 in Pjönjang zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt. Er sei, so heißt es aus Nordkorea, wenig später ins Koma gefallen. Nach seiner Rückkehr nach Ohio in der vergangenen Woche stellten amerikanische Ärzte schwere Schädigungen am Gehirn fest, die am ehesten von Sauerstoffmangel stammen. Warmbier starb am Montag im Kreise seiner Familie.

Eine Obduktion nach relativ langer Zeit im Koma bringe wenig, sagen Experten

Die Ursache für seinen Tod und die Umstände, die zum Sauerstoffmangel führten, bleiben vorerst ungeklärt. Nordkoreanische Offizielle behaupten, Warmbier sei an Botulismus erkrankt, eine von Bakterien verursachte Vergiftung, die zu Lähmung führen kann. Die Botulismus-Bakterien dringen meist über verdorbene Lebensmittel in den Körper ein. Die Ärzte hätten ihm eine Schlaftablette gegeben, dann sei er nicht mehr erwacht. US-Medien hingegen hatten gemeldet, Warmbier sei geschlagen oder gefoltert worden. Das Universitätskrankenhaus in Cincinnati fand an seinem Körper dafür keine Hinweise.

"Eine Autopsie könnte aufzeigen, welche Ursachen zur Hirnschädigung führten, und dabei helfen, andere Gründe, wie etwa eine Infektion auszuschließen", sagte Victor Weedn, Professor für Gerichtsmedizin an der George Washington Universität. Vielleicht würde man auch Hinweise finden, so Weedn, ob der Patient gefoltert wurde. Andere Experten hingegen sind skeptischer. Eine Obduktion nach der relativ langen Zeit, in der Warmbier im Koma lag, bringe wenig, heißt es. Der Gerichtsmediziner Victor Weedn empfiehlt eine Autopsie nicht zuletzt für die Familien, da sie oft "eine heilende Wirkung" habe, sagte der Professor der Washington Post. Die Fakten lägen dann auf dem Tisch. "Im Falle von Warmbier hat eine solche Post-Mortem-Untersuchung auch eine politisch hohe Relevanz", sagte Weedn.

In Deutschland kann die Justiz gerichtsmedizinische Obduktionen anordnen, wenn keine natürliche Todesursache besteht oder wenn die Todesursache unklar ist. Die Obduktion soll dann klären, ob ein Tötungsdelikt, ein Unfall oder ein Suizid vorliegt. Die Angehörigen können die Obduktion dann nicht verhindern. Rechtlich geregelt ist die Leichenöffnung in den Paragrafen 87 bis 91 der Strafprozessordnung.

© SZ vom 22.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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