USA:"Ein instabiler Präsident"

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Die US-Demokraten wollen Trump durch einen Kongress-Beschluss zähmen. Auch für das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur hat die Entwicklung in Nahost Folgen.

Von Alan Cassidy

Zwei Wochen verbrachte Donald Trump in seinem Luxushotel in Florida, bei angenehmen Temperaturen und umgeben von Weggefährten, die ihn von Kritik abschirmten. Doch nun ist der Präsident zurück in Washington, und das Klima, das ihn bei seiner Ankunft erwartete, war in jeder Hinsicht frostiger. In der Hauptstadt wächst die Sorge, dass Trump die USA mit der Tötung des iranischen Generals Qassim Soleimani in einen neuen Krieg treibt. "Das ist wahrscheinlich der Moment, den wir alle befürchtet haben", twitterte der demokratische Senator Chris Murphy: "Ein instabiler Präsident, der überfordert ist und in Panik gerät, nachdem alle erfahrenen Berater weg sind und nur noch kopfnickende Amateure verbleiben. Ein Albtraum."

Bei der Opposition läuft deshalb der Versuch, Trump über den Kongress von einer weiteren Eskalation gegenüber Iran abzuhalten. Die Sprecherin Nancy Pelosi will das Repräsentantenhaus noch diese Woche über eine Resolution abstimmen lassen, die militärische Aktionen gegen Iran auf 30 Tage begrenzt, sofern der Kongress nicht seine explizite Zustimmung zu einer Operation gibt. Der Schritt ist eine Reaktion auf das Unbehagen, wonach der Präsident eigenmächtig und ohne Rücksicht auf das Parlament handelte, als er den Luftschlag anordnete. Die Zustimmung zur Resolution im Repräsentantenhaus gilt als sicher. Weil aber die Republikaner im Senat das Vorgehen kaum stützen werden, dürfte der Schritt ein symbolischer bleiben.

Für die Kandidatin aus dem linken Lager steht fest: Trump will vom Impeachment-Verfahren ablenken

Die neuen Spannungen mit Iran fallen in eine hektische Zeit. In wenigen Wochen findet im Bundesstaat Iowa die erste Vorwahl der Demokraten statt. In ihren Reaktionen auf die Tötung Soleimanis versuchen die Präsidentschaftskandidaten der Partei, eine Balance zu finden: Sie sprechen alle davon, dass der Revolutionsgarden-General für den Tod Hunderter Amerikaner verantwortlich sei. Doch das Vorgehen Trumps kritisieren sie allesamt. Die schärfsten Töne schlug dabei Bernie Sanders an. Der Senator vom linken Flügel stellte die Tötung Soleimanis in eine Reihe von früheren Interventionen der USA im Nahen Osten - auch, um dann darauf hinzuweisen, dass er selbst sich von Beginn an gegen den Irak-Krieg gestellt hatte.

"Diese Krise hat Donald Trump selbst zu verantworten", sagte der frühere Vizepräsident Joe Biden, der den moderaten Flügel der Demokraten vertritt. Biden kritisierte das Vorgehen der US-Regierung auch dafür, ohne Absprache mit den Verbündeten gehandelt zu haben, die ebenfalls Truppen in der Region hätten. Mit der Aktion gegen Soleimani habe Trump das iranische Regime innenpolitisch gestärkt. Und dann war da die Senatorin Elizabeth Warren. Sie sprach ziemlich direkt an, was zuletzt viele im linken Lager geraunt hatten: dass der Präsident mit dem Schlag gegen Qassim Soleimani bloß vom Amtsenthebungsverfahren gegen ihn ablenken wolle. Wann der Senat mit dem Verfahren beginnen wird, ist indes nicht sicher, womöglich könnte es aber noch in dieser Woche gestartet werden. Am Montag teilte John Bolton, der frühere Nationale Sicherheitsberater, überraschend mit, dass er nun doch zu einer Aussage vor dem Kongress bereit sei. Die Demokraten vermuten, dass er Trump in der Ukraine-Affäre schwer belasten könnte. Bisher lehnten die Republikaner im Senat jedoch die Einvernahme von Zeugen ab. Auch wenn niemand mit einem Schuldspruch und einer Absetzung Trumps rechnet, ist das Timing doch brisant. Ein Präsident, der an einem Punkt größter außenpolitischer Spannung gegen ein Impeachment zu Hause kämpft: Das gab es noch nie. Trump selbst sagte es auf Twitter so: "Zu diesem Zeitpunkt in unserer Geschichte, wo ich derart beschäftigt bin, Zeit mit diesem politischen Schwindel zu verschwenden, ist traurig."

© SZ vom 07.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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