USA:Die Schlacht um Trumps Geheimnis

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Das höchste US-Gericht tagt zur Frage der Steuerpapiere des Präsidenten.

Von Alan Cassidy, Washington

Der Supreme Court in Washington tagte am Dienstag in einer öffentlich übertragenen Telefonkonferenz. (Foto: Tom Brenner/Reuters)

Welches sind Donald Trumps politische Interessen, welches sind seine wirtschaftlichen? Das ist beim US-Präsidenten nicht immer ganz klar, zumal er sich auch nach seiner Wahl nie richtig vom Familienunternehmen gelöst hat. Seit bald vier Jahren weigert sich Trump nun, seine Steuerunterlagen zu veröffentlichen, anders als alle Präsidenten seit Jimmy Carter es schon während ihres Wahlkampfs taten. Das von den Demokraten kontrollierte Repräsentantenhaus verlangt ebenso Einsicht in die Dokumente wie die Staatsanwaltschaft von Manhattan. Um das zu verhindern, zog Trump vor den Obersten Gerichtshof der USA.

Am Dienstag (Ortszeit) hat der Supreme Court nun die Parteien angehört. Wegen der Corona-Pandemie beriefen die Bundesrichter, von denen zwei über 80 Jahre alt sind, eine öffentlich übertragene Telefonkonferenz ein. Trump - vertreten durch seine persönlichen Verteidiger und einen Anwalt des Justizministeriums - treten als Kläger auf: zum einen gegen die Deutsche Bank, Trumps langjährigen Kreditgeber, der ihm auch in schwierigen Zeiten Geld lieh; zum anderen gegen die Buchhaltungsfirma Mazars. Ausschüsse des Repräsentantenhauses sowie der Staatsanwalt in Manhattan zwangen beide Unternehmen unter Strafandrohung, Trumps Finanzdokumente herauszugeben.

Es geht nicht nur um Einblick in die Buchführung, sondern auch um Grenzen der Immunität

In den Vorinstanzen war der Präsident jeweils unterlegen. Von der Entscheidung des Supreme Court hängt jetzt nicht nur ab, ob Trump Einblick in seine Geschäftsbeziehungen gewähren muss, verhandelt wird dabei auch die grundsätzliche Frage, wie weit die Befugnisse des Parlaments und der Ermittler gegenüber einem amtierenden Präsidenten reichen.

Die Kongressausschüsse begründen die Notwendigkeit der Einsicht mit mehreren Untersuchungen, die sie gegen Trump führen. Der Staatsanwaltschaft von Manhattan stützt sich dagegen auf eine strafrechtliche Ermittlung im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen, die Trump im Wahlkampf 2016 an eine Pornodarstellerin getätigt haben soll. Beide Forderungen seien nicht zulässig, argumentieren Trumps Verteidiger. Die Verfassung biete einem amtierenden Präsidenten weitgehenden Schutz vor der Kontrolle durch den Kongress und die Justiz - und sogar absolute Immunität vor strafrechtlichen Ermittlungen. "Der Präsident kann nicht wie ein gewöhnlicher Bürger behandelt werden", sagte Trumps Anwalt Jay Sekulow.

Am Obersten Gerichtshof gibt es eine Mehrheit von fünf der neun Bundesrichtern, die zum konservativen Lager zählen, zwei von ihnen hatte Trump in das Amt berufen. Das Argument der absoluten Immunität schien allerdings auch einigen von ihnen zu weit zu gehen, wie ihren kritischen Fragen bei der Anhörung zu entnehmen war. Mehrfach drang auch durch, dass viele Richter Trumps Darstellung nicht teilten, wonach der Kongress praktisch gar keine Unterlagen einfordern könne. Sie verwiesen auf das Urteil des Supreme Court von 1974, das Präsident Richard Nixon im Watergate-Skandal zur Herausgabe von Tonbändern zwang, sowie auf eine Entscheidung von 1997 gegen Bill Clinton.

Zugleich zeigte sich bei einigen liberalen Richtern eine gewisse Skepsis, dem Kongress allzu große Befugnisse gegenüber dem Präsidenten einzuräumen. Dies könne künftig zu Missbräuchen führen, sagte Richter Stephen Breyer. Es gab auch Zweifel, ob das Repräsentantenhaus Trumps Finanzdokumente wirklich für gesetzgeberische Zwecke brauche, wie die Anwälte geltend machten. Andererseits spiele das womöglich gar keine Rolle. "Sollten Mitglieder des Repräsentantenhauses einem Kreuzverhör unterzogen werden, um herauszufinden, warum sie nach bestimmten Dokumenten gefragt haben?", wollte Chief Justice John Roberts vom Anwalt des Justizministeriums wissen.

Das Gericht, sagte Roberts, müsse nun eine Balance zwischen den Interessen des Kongresses und jenen des Präsidenten suchen. Ein Urteil wird für Juni oder Juli erwartet. Je nachdem, wie sich die Richter entscheiden, müsste Trump dann - so hoffen es zumindest die Demokraten - seine Steuerunterlagen noch vor den Wahlen veröffentlichen.

© SZ vom 14.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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