USA:Demolierer statt Diplomaten

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Die amerikanische Außenpolitik der Regierung Trump ist schon ziemlich heruntergekommen. Immerhin hat Rex Tillerson aber auch auf Gespräche gesetzt. Ihn durch einen Hardliner zu ersetzen, wäre brandgefährlich.

Von Von Hubert Wetzel

Donald Trump kann sich offenbar nicht entscheiden, ob er seinen Außenminister Rex Tillerson entlassen will oder nicht. Erst hü, dann hott - am Ende ist es egal, denn die Glaubwürdigkeit von Tillerson ist eh ruiniert. Vielleicht wirft er irgendwann auch selbst hin. Tillerson hat den Job, bei dem er für einen Präsidenten arbeitet, den er einmal als "verdammten Deppen" bezeichnet hat, ja nie sehr gemocht.

Auch die Angestellten des Außenministeriums wären nicht traurig, wenn Tillerson ginge. Sie waren im vergangenen Jahr Teil eines Experiments: Kann man Außenpolitik machen, ohne ein Außenministerium zu haben? Tillerson war anscheinend der Ansicht, dass das möglich sei. Jedenfalls hat er das einst stolze State Department in ein paar Monaten so heruntergewirtschaftet, entkernt, kleingespart und demoralisiert, dass heute nur noch Trümmer übrig sind. Die meisten guten, erfahrenen Leute wurden gefeuert oder haben gekündigt; oder sie ließen sich, weil sie ihre Pension retten wollten, zumindest wegversetzen. Amerikas Diplomaten wollen derzeit lieber irgendwo weit weg im Busch Dienst tun als in Washington. (Wenn der Busch dann eine liebenswürdige, kleine Hauptstadt in Europa ist - umso besser.)

Aber immerhin wusste der ehemalige Ölmanager Tillerson, dass es da draußen eine Welt gibt. Und dass so etwas wie Diplomatie existiert - ein Werkzeug, mit dem Amerika in dieser Welt Kontakte knüpfen und halten, Beziehungen eingehen, Einfluss ausüben, Freunde unterstützen und Feinden widerstehen kann. Ein Werkzeug, mit dem die USA die Welt formen können, letztlich zu ihrem eigenen Vorteil. Das widerspricht Trumps Vorstellung, internationale Politik sei eine Art Krämerladen, Amerika sei der Krämer, und für jedes Pfund Mehl, dass er über die Theke schiebt, müsse ein anderes Land bezahlen, und zwar gefälligst sofort und in bar. Wenn die USA sich so benehmen, gehen die anderen Länder halt zum Krämer China, der zwei Pfund Mehl rüberschiebt - auf Pump.

Sollte nun, wie es in Washington heißt, der jetzige CIA-Direktor Mike Pompeo neuer Außenminister werden, dann wird das von Tillerson begonnene Experiment mit einer neuen Frage fortgesetzt werden: Kann man Außenpolitik machen, ohne sich um Diplomatie zu scheren?

Das Kriegsrisiko ist schon gestiegen. Und nun könnte noch der Rabauke Pompeo kommen

Denn das wird dann passieren. Tillerson mag ein schwacher Außenminister sein, mit wenig Einfluss im Oval Office. Doch er war bisher eine mäßigende, eine diplomatische Stimme unter den Trump-Beratern. Pompeo wäre das Gegenteil - ein rabaukiger, nationalistischer Außenminister, ein "America first"-Mann, ein Hardliner. Das aber ist brandgefährlich: Amerika befindet sich derzeit auf dem Weg in eine militärische Auseinandersetzung mit Nordkorea, möglicherweise bald auch mit Iran. Dazu muss es nicht zwangsläufig kommen, doch das Kriegsrisiko ist deutlich gestiegen. Ein kleiner Zwischenfall genügt, und es knallt.

Es kann gut sein, dass Trump eigentlich keinen Krieg will; dass er nur etwas herumpoltert, weil er das für Verhandeln hält. Aber wenn man von Amerikas Außenpolitik das Außenministerium und die Diplomatie abzieht, bleibt eben nicht mehr als das kraftmeiernde Getwitterte eines Mannes, den der eigene Minister für einen - Zitat - Deppen hält.

© SZ vom 02.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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