USA:Blick in eine dunkle Zukunft

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Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch stellt China in einem neuen Bericht an den Pranger. Die Regierung in Peking habe einen "riesigen Überwachungsstaat geschaffen", heißt es darin.

Von Anna Reuß

Die Vorwürfe sind massiv. Sie reihen sich ein in eine ganze Kette ähnlicher Klagen und Anschuldigungen, die in den vergangenen Wochen und Monaten immer häufiger vorgebracht wurden. China, so konstatiert die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), sehe Menschenrechte offenkundig als "existenzielle Bedrohung" der kommunistischen Herrschaft in dem Land. Die Regierung in Peking habe einen "riesigen Überwachungsstaat geschaffen", mit dem Ziel der totalen sozialen Kontrolle der Bürger. China greife gezielt Kritiker an, sei es in der realen oder virtuellen Welt. Die Volksrepublik nutze ihre wirtschaftliche und diplomatische Schlagkraft, um Kritiker mundtot zu machen und weltweit Bemühungen abzuwehren, das kommunistische Regime wegen seiner Unterdrückung von Minderheiten zur Rechenschaft zu ziehen. "Wenn sie nicht angefochten werden, verheißen Pekings Aktionen eine dystopische Zukunft", warnt HRW in einem Bericht zur globalen Menschenrechtslage.

In der Provinz Xinjiang habe Peking ein Überwachungssystem aufgebaut, um Uiguren systematisch zu unterdrücken. Mehr als eine Million Angehörige der muslimischen Minderheit dürften mittlerweile in Umerziehungslagern im Nordwesten Chinas interniert worden sein. Dort sollen sie ihrer Religion abschwören und sich der Ideologie der Kommunistischen Partei unterwerfen. Die Süddeutsche Zeitung hatte darüber unter dem Stichwort "China Cables" im November 2019 berichtet. Bis dahin hatte Chinas Regierung Gerüchte über die Lager stets zurückgewiesen und behauptet, es handle sich um "Berufsbildungszentren".

Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums wies die Kritik von Human Rights Watch am Mittwoch zurück. Der Bericht sei voreingenommen und verdrehe Tatsachen. In New York, wo der Report vorgestellt wurde, warf ein chinesischer Diplomat der Organisation auf deren eigener Pressekonferenz vor, im Bericht zu lügen. Wer nicht erwähne, dass China in den letzten Jahrzehnten 700 Millionen Menschen aus der Armut geführt habe, dürfe sich nicht Menschenrechtsorganisation nennen. Die Organisation Freedom House veröffentlichte indes einen ähnlichen Bericht wie HRW und warnte vor der Einmischung Chinas in die Berichterstattung ausländischer Medien.

Ursprünglich wollte Human Rights Watch den Bericht in Hongkong vorstellen, wo seit Monaten die Menschen gegen den Einfluss Chinas protestieren. Doch die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone verweigerte am Sonntag dem HRW-Chef, Kenneth Roth, die Einreise. Der US-Amerikaner war bisher ohne Probleme eingereist. Im Dezember hatte das chinesische Außenministerium Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch im Zusammenhang mit den Protesten in Hongkong Sanktionen angedroht. Peking warf den Aktivisten Einmischung in innere Angelegenheiten vor. Nur eine Woche zuvor hatte US-Präsident Donald Trump zwei Gesetze unterzeichnet, die es der US-Regierung ermöglichen, Wirtschaftssanktionen und Reisebeschränkungen gegen Personen zu erlassen, die für Menschenrechtsverletzungen in Hongkong verantwortlich gemacht werden. China nannte dies eine "blanke hegemoniale Tat".

© SZ vom 16.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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