USA:Ansichten eines Außenseiters

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Bernie Sanders, 73, erregt mit linken Forderungen Aufsehen. Er will Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten werden. (Foto: Brendan Smialowski/AFP)

Der prominente US-Demokrat Sanders zeigt Sympathie für Syriza. Seine linken Ansichten kommen gut an.

Von Sacha Batthyany, Washington

Er habe applaudiert, als das Nein der Griechen bekannt wurde, sagte Bernie Sanders dem Fernsehsender CNN nach dem Referendum. Schon in seinen Auftritten davor hat Sanders, Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten und Hillary Clintons einziger ernst zu nehmender Konkurrent, immer wieder auf "das Leid des griechischen Volkes" hingewiesen - obwohl unklar ist, ob die Zuschauer an Orten wie Council Bluffs, Iowa, etwas damit anzufangen wussten. Die Austeritätspolitik sei ein "katastrophaler Fehler", weil sie auf dem Rücken der Armen, Kinder und Alten ausgetragen werde, so Sanders, "während die Superreichen ihr Geld im Ausland parken und wunderbar davon leben". Sanders zitierte Paul Krugman, den einflussreichen Kolumnisten der New York Times, der den Griechen riet, mit Nein zu stimmen.

So wie Alexis Tsipras würde auch Sanders nicht zulassen wollen, dass sich sein Land im "Würgegriff der Banken" befinde. Er kritisierte den IWF und Europas Politiker, zu viel Druck auf Griechenland ausgeübt zu haben. Welche Folgen das Nein der Griechen haben könnte, darauf ging Sanders nicht ein. Dafür forderte er einen Schuldenschnitt und eine "menschlichere Wirtschaftspolitik", die die weniger gut Verdienenden ins Zentrum rücke. Man könne doch nicht die Renten kürzen, nur um Schulden zurückzuzahlen, sagte er und erhielt dafür viel Applaus. Solche Sätze wiederum versteht man an Orten wie Council Bluffs gut.

Der Mann von links außen holt in den Umfragen auf

Bernie Sanders ist bis jetzt der einzige Präsidentschaftskandidat, der sich offen zu Griechenland äußert. Präsident Barack Obama meinte am Dienstag in einer Pressekonferenz, er beobachte die Situation "mit großer Sorge", fügte aber hinzu, es sei vorerst eine europäische Angelegenheit. Sanders sieht das anders. Er fordert die USA dazu auf, den Griechen zu helfen, zu sehr seien die Märkte verstrickt, außerdem gehe es um nichts weniger als die Aufrechterhaltung der Demokratie. Er wies darauf hin, in welche Katastrophe die Austeritätspolitik in Deutschland 1930 geführt habe.

Vor ein paar Wochen wurde Sanders noch als Randfigur belächelt. Dieser Mann, der sich selbst als "demokratischer Sozialist" bezeichnet, sei unwählbar, hieß es, als er Ende April verkündete, ins Rennen um die Präsidentschaft einzusteigen. Doch seit er in Umfragen aufholt, mehr und mehr Spendengelder auftreibt und Hillary Clinton gefährlich nahe kommt, wird der 73-jährige Senator aus Vermont plötzlich ernst genommen. Vergangene Woche kamen 10 000 Menschen in Wisconsin zusammen, um ihn reden zu hören, mehr Zuschauer hatte bislang keiner der Bewerber. Er wettert gegen die Wall Street und Amerikas Oligarchie, diesen "Club der Millionäre", tritt für einen Ausbau des Wohlfahrtsstaates ein, fordert Mutterschaftsurlaub, will den Mindestlohn auf 15 Dollar die Stunde erhöhen, gleichzeitig die Studiengebühren abschaffen und das Militärbudget kürzen. Finanzieren will er das alles mit massiven Steuererhöhungen für Superreiche und für Unternehmen.

Auch wenn seine Botschaften offenbar gut ankommen: Sanders bleibt ein Außenseiter und wird kaum eine Chance haben gegen Clinton.

© SZ vom 08.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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