US-Wahlkampf:Johns letzte Hoffnung

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McCain setzt auf weiße Männer und Protestanten, um die Aufholjagd gegen Barack Obama noch zu gewinnen. Frauen, Katholiken, Juden und Latinos sprechen sich schon klar für den Demokraten aus.

Moritz Koch

Vor einem Jahr, kurz vor Beginn der Vorwahlen, schien Barack Obama schon geschlagen zu sein. Hillary Clinton, seine Kontrahentin um die Nominierung der Demokraten, steuerte einem klaren Sieg entgegen. Doch in einem monatelangen Duell rang Obama die Favoritin nieder. Und heute spricht alles dafür, dass er auch die Präsidentschaftswahl gewinnen wird. Obama hat John McCain in den Umfragen abgehängt, selbst in manchen traditionell republikanischen Bundesstaaten führt er.

McCains Strategie zielt darauf, Obama die Hillary-Wähler abspenstig zu machen. Die angeblich verbitterten weißen Männer sind seine Zielgruppe. (Foto: Foto: AP)

Misstrauen bei weißen Männern gegen Obama

Dass Obama darauf hoffen kann, im Januar ins Weiße Haus einzuziehen, liegt daran, dass er kontinuierlich seine Wählerbasis verbreitert hat. Anfangs unterstützten ihn nur Junge, Gebildete und Liberale, doch inzwischen haben sich fast alle wichtigen Wählergruppen hinter ihn geschart: Frauen, Katholiken, Juden, Schwarze und Latinos wollen laut Umfragen mehrheitlich für ihn stimmen. Nur bei Protestanten und weißen Männern liegt McCain noch gut im Rennen.

Vielen weißen Männern ist der erste schwarze US-Präsidentschaftskandidat nicht geheuer. Obama hat dieses Misstrauen selbst verstärkt, als er sich im April zu der Behauptung verstieg, weiße Kleinstadt-Wähler seien "verbittert", darum "klammern sie sich an Waffen, Religion oder Antipathie gegen Leute, die nicht sind wie sie". Das ließ den Senator aus Illinois herablassend erscheinen, zudem untergrub es sein Versprechen, dass Land nach den polarisierenden Jahren unter George W. Bush zu einen. Für Clinton begann eine Siegesserie. Nur knapp rettete sich Obama ins Ziel.

McCains Strategie für Hillary-Wähler

McCains Strategie zielte seither darauf, Obama die Hillary-Wähler abspenstig zu machen. Die angeblich verbitterten weißen Männer sind seine Zielgruppe. Sarah Palin, McCains designierte Stellvertreterin, lässt keine Gelegenheit aus, die "dudes" zu bauchpinseln. Arbeiter, Angestellte, Kleinunternehmer sind ihr Klientel, Männer aus einfachen Verhältnissen und einer ausgeprägten Abneigung gegen städtische Eliten. Je ländlicher die Region und je höher der Anteil der Weißen, desto besser die Aussichten für die Republikaner. Der Rückhalt unter weißen Männer war 2000 und 2004 das Fundament für Bushs Siege. Doch der Wirtschaftsabschwung hilft Obama. Nun wollen sogar weiße Männer laut Umfragen mehrheitlich für ihn stimmen. Auch bei den weißen Frauen hat er sich einen knappen Vorsprung erkämpft. Dabei hatten die Republikaner bei ihnen Kapital aus dem harten Vorwahlkampf der Demokraten schlagen wollen - offenbar wird dies nicht gelingen.

Auch bei Minderheiten hat McCain keinen Boden gutmachen können. Zwei von drei Latinos ziehen Obama als Präsidenten vor. Dabei hat sich McCain wiederholt für die Rechte der Latinos eingesetzt. Doch die verübeln den Republikanern, dass sie mit aller Härte gegen illegale Einwanderer vorgehen wollen. Noch eindeutiger sind die Sympathien der Afroamerikaner verteilt. Zu Beginn der Vorwahlen unterstützten sie noch mehrheitlich Clinton. Doch als Obamas Sieg näher rückte, wechselten sie die Seiten. 90 Prozent der Schwarzen stehen nun hinter Obama. Da sie meist mit großer Mehrheit für die Demokraten stimmen, bleiben die Republikaner gelassen.

Werben um Katholiken und Juden

Mehr Sorgen bereitet ihnen, dass McCains Vorsprung bei den Protestanten so gering ist. Er kommt auf 46 Prozent, Obama auf 44. Bush hatte fast 60Prozent der Stimmen aus diesem Lager erhalten. Die evangelische Kirche ist die größte und einflussreichste Konfession in den USA. Für McCain rächt sich, dass er die Wortführer der strenggläubigen Evangelikalen einst als "Agenten der Intoleranz" gegeißelt hat. Die Katholiken stehen mehrheitlich auf Obamas Seite, auch wenn viele hin- und hergerissen sind. Wirtschafts- und sozialpolitisch sympathisieren sie mit den Demokraten, bei der Abtreibung und Homoehe aber tendieren sie zum konservativen Lager.

Eine wesentlich kleinere Religionsgemeinschaft sind die Juden. Doch auch sie werden von beiden Kampagnen umworben. In umkämpften Staaten wie Florida haben jüdische Stimmen oft den Ausschlag gegeben. Die Juden Amerikas sind überwiegend liberal gesinnt, standen Obama jedoch lange alles andere als euphorisch gegenüber. Noch im Sommer fürchteten viele, Obama sei zu unerfahren, um Israel zu schützen. Seine Bereitschaft mit Iran zu verhandeln, interpretierten sie als Schwäche. McCain holte in Umfragen auf - bis das Finanzsystem zusammenbrach und die Wirtschaft zum alles überlagernden Thema wurde. Nur 22Prozent der Juden wollen nach einer aktuellen Gallup-Umfrage für den Republikaner stimmen, Obama kommt mit 74Prozent auf den höchsten Wert in diesen Wahlkampf. So muss McCain mit ansehen, wie die demokratische Wählerbasis wächst und wächst, während ihm die Zeit für eine Aufholjagd davonläuft.

© SZ vom 30.10.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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