US-Wahl:Yes, he can - Barack Obama President

Lesezeit: 3 min

Er hat es geschafft und ist der erste Afroamerikaner im höchsten Amt der USA: Barack Obama wird 44. Präsident des Landes. Der Kandidat der Demokraten siegte mit dem Prinzip Facebook und macht den Bushismus vergessen. Die Leute jubeln ihm zu.

Franz Baden

Früh stürmten seine Fans den Grant Park in Chicago. Barack Obama sollte zwar erst Stunden später auftreten, doch keiner wollte verpassen, wie der local hero hier seine Siegerrede hält.

Und so kam es. Barack Obama ist der 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Yes, he can - immer wieder hatte der Spitzenkandidat der Demokratischen Partei seine Botschaft vom nötigen Wandel in die Bevölkerung trompetet.

Dann steht er da vor rund 150.000 Menschen, bringt seine Frau Michelle und die beiden Töchter auf die Bühne und den neuen Vizepräsidenten Joe Biden. Die Menschen haben Tränen in den Augen. Gespielt wird "The Patriot" von John Williams.

"Change has come to America", sagt Obama in seiner Rede, der Wandel kommt ins Land. Er steht vor einem Stars-and-Stripes-Fahnenwald. Er lobt Michelle als "Fels seines Lebens", er lobt seine Kampagnenmacher. Und er sagt den Menschen vor ihm auf dem Rasen des Grant Parks und an den TV-Geräten, dass dieser Sieg ihnen gehöre. Das Volk könne das Land verändern und die vielen Aufgaben bewältigen, die bevorstehen.

Er werde zuhören, vor allem, wenn man unterschiedlicher Meinung sei, erklärt Obama und fordert einen "neuen Geist" mit Patriotismus und Verantwortlichkeit. Er sei der Präsident aller Amerikaner, auch jener, die ihn nicht gewählt haben.

Dann erinnert der Sieger dieser Wahl an eine 106-jährige Frau aus Atlanta, die noch erlebt habe, wie Schwarze diskrimiert wurden, wie Frauen nicht wählen durften, wie Amerikaner im Krieg ihr Leben verloren und die Mauer in Berlin fiel. Was werden meine Kinder über das kommende Jahrhundert sagen, fragt Obama. Es klingt wie Gospel.

Der Weg werde hart, aber Amerika kann es schaffen - nicht in einem Jahr, vielleicht sogar nicht in einer Legislaturperiode. Als Barack Obama endet, haben viele in Chicago und anderswo feuchte Augen.

Er ist die Hoffnung nach all den Miseren, dem desaströsen Irakkrieg, dem Imageschwund des Landes in der Welt, der Krise an der Wall Street.

Barack Obama steht für Reform, für den Ausweg aus den Problemen. Er ist der erste schwarze Präsident des Landes. Ihm gelang es, die Wähler zu mobilisieren. Schon lange nicht mehr war die Wahlbeteiligung so hoch.

Die Schwarzen, die Hispanics und die Jungen stimmten für Obama, und auch bei den Weißen gelangen ihm respektable Werte. Umgekehrt gelang es seinem republikanischen Rivalen John McCain nicht, die starken Ergebnisse von George W. Bush in den ländlichen Gebieten zu wiederholen.

In den Swing States, den umkämpften Bundesstaaten, war schnell klar: Obama schlägt sich besser als McCain. Pennsylvania beispielsweise ging an den Demokraten, obwohl McCain verzweifelt versucht hatte, mit vielen Auftritten das Blatt zu wenden. Umsonst. Die Stimmung war gegen den 72-Jährigen, der sich eine unbedarfte Gouverneurin aus Alaska an die Seite gestellt hatte. Sarah Palin war eine verlässliche Wahlkämpferin für Obama.

Der republikanisch gesinnte Sender Fox News musste zur Zerknirschung des McCain-Lagers schon bald nach Schließung der Wahllokale melden, dass auch der Schlüsselstaat Ohio an Obama geht. Und in Florida lag der Demokrat konstant vorn.

Um kurz vor 3:30 Uhr konnten die TV-Sender schon verkünden, dass Barack Obama auf Basis der vorhandenen Zahlen Präsident wird.

Überall in den USA wurden Freudenpartys gefeiert. Da war sie endlich: die Abrechnung mit der verhassten Regierung des Republikaners George W. Bush. Barack Obama hat sich von nichts verdrießen lassen: nicht von Berichten über angebliche Kontakte zu einem früheren Terroristen, nicht von den Spekulationen um Verbindungen zur Mafia in Chicago, nicht von Geschichten rund um einen radikalen Predigerfreund, nicht von der finalen Enthüllung, dass seine Tante illegal in Amerika lebt.

Der künftige Präsident hat gelächelt, hat rhetorisch geglänzt, hat Ruhe bewahrt. Er hat über das Internet so viel Geld eingesammelt, wie kein Kandidat vor ihm. Er hat das Prinzip Facebook zur Siegerformel gemacht. Barack Obama ist der Tribun der neuen alten Zeit, in der der marktradikale Muff entsorgt wird.

Vier Stärken hat der Bürgerrechtler Jesse Jackson, der sich selbst einmal um das Präsidentenamt bemüht hatte, ausgemacht: seine Integrität, seine Jugend, sein Charisma und seine Frau Michelle.

Auf den 1,3 Quadratkilometern im Grant Park jubelten sich die Obama-Fans am Abend dieses 4. November in die Ekstase. Hinter ihnen leuchteten die Lichter aus den Wolkenkratzern, vorne war alles bereit für die Rede des neuen Präsidenten. Kalifornien hatte wie erwartet für ihn gestimmt.

Ein Traum ist für ihn wahr geworden: Barack Obama zieht ins Weiße Haus. Der erste Schwarze in diesem Amt. 45 Jahre nach der großen Rede des Martin Luther King ("I have a dream"). Yes, he can.

© sueddeutsche.de/jja/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: