US-Reaktionen:Groß auf Sendung

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In den amerikanischen Medien kritisieren Experten das Ergebnis des Gipfels. Doch in der Wahrnehmung dominiert Donald Trump und seine Inszenierung des Treffens als opulente Fernsehshow, die sich nur um ihn drehte.

Von Hubert Wetzel

Ob Donald Trump ein großartiger oder ein desaströser Präsident ist, das ist in den USA längst zu einer Glaubensfrage geworden. Die Meinungsunterschiede der Trump-Anhänger und der Trump-Gegner sind so groß, dass sie durch Fakten oder Rationalität praktisch nicht mehr zu überbrücken sind. Das gilt für so gut wie alle Bereiche der Politik, Trumps Gipfeltreffen mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un ist da keine Ausnahme.

Die Experten sind eher skeptisch. Leute, die sich mit Nordkorea auskennen, mit Abrüstung oder allgemein mit Diplomatie, gaben zu bedenken, dass Trump dem Gewaltherrscher aus Pjöngjang doch sehr weit entgegengekommen sei, ohne eine handfeste Gegenleistung erhalten zu haben. "Von dem Gipfeltreffen profitieren die Nordkoreaner mehr als die Vereinigten Staaten", urteilte zum Beispiel Ian Bremmer, Politikwissenschaftler und Chef der Beratungsfirma Eurasia Group. Kim habe sich nur vage zu einer Abrüstung bekannt. Auch andere Fachleute wiesen darauf hin, dass die von Kim im Abschlussdokument versprochene "vollständige Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel" eine nordkoreanische Worthülse sei, die hinter den ursprünglich formulierten Zielen der US-Regierung zurückbleibe. Dafür habe Trump Kim de facto zu einem gleichberechtigten Partner auf der Weltbühne gemacht und sich die Aussetzung der US-Militärmanöver mit Südkorea abhandeln lassen. Ähnlich kritisch äußerten sich einige ranghohe Außenpolitiker im US-Kongress. Sie misstrauen Kim, ebenso aber auch Trump. Aber: Immerhin sei die Kriegsgefahr deutlich gesunken, so Bremmer.

Die Zweifel von Professoren, pensionierten Diplomaten und anderen Experten, die im Fernsehen rational Fakten diskutieren, dürften freilich nur begrenzt Gewicht haben. Ein Beispiel: Aus der Sicht Trumps und vieler seiner Anhänger sind die Militärmanöver mit Südkorea eben kein notwendiger Beitrag zur Sicherheitsarchitektur in Asien, sondern reine Geldverschwendung, das hat der Präsident erstaunlich klar gesagt; soll Seoul doch selbst für seine Verteidigung zahlen. Die Übungen auszusetzen ist nach dieser Lesart kein übertriebenes Zugeständnis an Kim, sondern es spart Amerika viele Millionen Dollar.

Für die meisten Amerikaner war der Gipfel vor allem ein opulentes TV-Ereignis, live ausgestrahlt zur besten Sendezeit. Sie sahen dort ihren Präsidenten, der an einem Ereignis teilnahm, das nicht nur das Weiße Haus, sondern auch alle Moderatoren großzügig mit dem Adjektiv "historisch" bedachten. Dass frühere US-Präsidenten mit Kims Vorgängern ähnliche Dokumente unterzeichnet hatten, die zu nichts führten, oder dass sie Nordkoreas Bitten um ein Gipfel früher aus guten Gründen ausgeschlagen hatten - all das ging in der Flut beeindruckender Bilder unter.

In dieser Hinsicht bekam Trump, was er sich von dem Treffen erwartet hatte: eine mehrstündige Fernsehshow, die sich nur um ihn drehte. Alles sei großartig gelaufen, Kim werde jetzt rasch alle Atombomben verschrotten, dieses Resümee zog Trump dann im Interview mit seinem Freund und Hofberichterstatter Sean Hannity von Fox News. Widerspruch war da nicht zu erwarten.

© SZ vom 13.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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