US-Geheimgefängnisse:Fax aus Kairo belastet CIA

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Im November 2005 fing der Schweizer Geheimdienst ein brisantes Schreiben ab: Denn darin bestätigt die ägyptische Regierung unverblümt die Existenz von amerikanischen Kerkern in Osteuropa.

Hans Leyendecker

Ein vom Schweizer Geheimdienst Mitte November 2005 abgefangenes Fax des ägyptischen Außenministers Ahmed Aboul Gheit an seine Botschaft in London ist ein neuer Hinweis auf die Existenz amerikanischer Geheimverliese in Osteuropa. Bislang hatten Medien und die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch über solche Gefängnisse berichtet, staatliche Stellen sich aber auffällig zurückgehalten.

In dem Fax, das von dem Züricher Blatt Sonntags Blick dokumentiert wurde, behaupten die Ägypter, über eigene Kenntnisse von geheimen CIA-Gefängnissen in Osteuropa zu verfügen: "Die Botschaft hat aus eigenen Quellen erfahren, dass tatsächlich 23 irakische und afghanische Bürger auf dem Stützpunkt Mihail Kogalniceanu in der Nähe der (rumänischen Anm. d. Red.) Stadt Constanza am Schwarzen Meer verhört wurden. Ähnliche Verhörzentren gibt es in der Ukraine, im Kosovo, in Mazedonien und Bulgarien." Aus dem Fax geht allerdings nicht hervor, welche Botschaft die Erkenntnisse geliefert haben soll.

Der Chefredakteur des Sonntags Blick, Christoph Grenacher, sagte der Süddeutschen Zeitung, er habe in der vergangenen Woche "Kontakt mit den höchsten" Schweizer Stellen gehabt, und es gebe danach "an der Echtheit und Authentizität" des Fax keinen Zweifel. Nach Informationen der SZ versuchten das Schweizer Militär und Politiker, die Veröffentlichung des Dokuments zu verhindern. Den Verantwortlichen des Blattes droht ein Ermittlungsverfahren.

Der vom Europarat vor zwei Monaten als Ermittler in der CIA-Affäre eingesetzte Schweizer Dick Marty hingegen bezeichnete die Veröffentlichung als "Scoop". Marty soll herausfinden, ob die CIA in Europa Geheimgefängnisse unterhielt, ob sie Personen entführt und nach Europa gebracht hat. Obwohl die 46 Europaratsstaaten aufgefordert wurden, Bericht über mögliche Geheimgefängnisse zu erstatten, stößt der frühere Strafverfolger Marty bei seinen Recherchen auf Widerstand und eine Mauer des Schweigens: Im Sonntags Blick forderte Marty die europäischen Regierungen auf, "in dieser Sache endlich die Wahrheit" zu sagen.

Marty geht davon aus, dass mehrere europäische Geheimdienste über das Vorgehen der CIA informiert waren. Vermutlich wissen vor allem die französischen und die russischen Nachrichtendienste eine Menge von dem Fall. Manches deutet auch darauf hin, dass der Bundesnachrichtendienst, der nach Amerikanern und Engländern als die Nummer drei auf dem Gebiet der elektronischen Aufklärung gilt, zumindest über Hinweise aus abgefangenen Nachrichten verfügt. Den deutschen Kontrollgremien sind solche Erkenntnisse allerdings noch nicht vorgelegt worden.

Beim Kampf gegen den Terror gibt es seit dem 11. September umfangreiche Kooperationen. In mehr als zwanzig Ländern sind, meist unter Führung der CIA, Anti-Terror-Zentren gebildet worden, in denen der Zugriff auf Terrorverdächtige vorbereitet wird. Deutsche Sicherheitsbeamte beispielsweise arbeiten in Paris gemeinsam mit Amerikanern, Franzosen, Briten, Kanadiern und Australiern undercover in einem solchen Zentrum.

© SZ vom 9. 1. 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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