Urteil im Kofferbomber-Prozess:Unterschätzte Gefahr

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Lebenslänglich für den Kofferbomber: Viele staunen über das harte Urteil - das zeigt: Die Terrorgefahr wird oft unterschätzt.

Annette Ramelsberger

Lebenslang - das ist die höchste Strafe, die in Deutschland jemals gegen einen islamistischen Terrorverdächtigen verhängt worden ist. Dieses Urteil hat das Oberlandesgericht Düsseldorf über den Mann gesprochen, der als Kofferbomber von Köln bekannt wurde: ein junger Libanese im Ballack-Fußballshirt, ein Student, der nach Deutschland gekommen war, um Ingenieur zu werden.

Wegen der versuchten islamistischen Anschläge auf deutsche Regionalzüge ist der Kofferbomber Youssef E. H. zu lebenslanger Haft verurteilt worden. (Foto: Foto: AP)

Und hier seinen Hass gegen die Ungläubigen auszuleben. Es ist ein Urteil, das niemanden erstaunt, der den Prozess mitverfolgt hat. Zu eindeutig waren die Beweise dafür, dass der Verurteilte und sein Komplize, der bereits im Libanon in Haft sitzt, es ernst meinten mit ihrem Attentat. Sie hatten die Explosion akribisch geplant, sie hatten die Zündung geübt.

Doch die meisten Menschen in Deutschland haben diesen Prozess nicht verfolgt, und deswegen staunen sie: darüber, dass der Ernst der Gefahr nun gerichtlich festgestellt wurde. Dass es also stimmt, was die Bundesanwaltschaft seit zwei Jahren erklärt hat: dass Deutschland einem großen Anschlag wie in London oder Madrid nie näher war als vor zwei Jahren in Köln.

Dieses Erstaunen zeigt, wie sehr sich viele in Deutschland noch immer täuschen über das reale Ausmaß der Terrorgefahr. Die Erkenntnis, dass auch Berlin, München oder Frankfurt Ziel islamistischer Attentäter sein können, ist hier noch nicht angekommen - so sehr es der Innenminister oder die Generalbundesanwältin immer wieder betonen.

Lieber sucht man Zuflucht zu dem Gedanken, dass man es in Deutschland höchstens mit Amateuren oder Stümpern zu tun habe, die gar nicht zu einer solchen Tat fähig seien. Diese Hoffnung darf man haben, die Realität ist das nicht.

© SZ vom 10.12.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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