Unterhaus:Der Brexit beginnt

Lesezeit: 1 min

Die Regierung hat das sogenannte Große Aufhebungsgesetz ins Parlament eingebracht. Das ist der Anfang vom EU-Ausstieg.

Von Christian Zaschke

An diesem Donnerstag hat die konservative britische Regierung einen bedeutenden Schritt auf dem Weg zum Austritt aus der EU getan: Im Unterhaus stellte sie das Gesetz vor, mit dessen Hilfe sämtliches EU-Recht in britisches Recht umgewandelt werden soll. Unter anderem hätte das zur Folge, dass die Oberhoheit des Europäischen Gerichtshofes in Großbritannien beendet wäre. In Kraft treten soll es im Moment des Austritts aus der EU. Es sei eines der wichtigsten Gesetze in der Geschichte des Parlaments, sagte Brexit-Minister David Davis, "und es ist ein Meilenstein im Prozess unseres Rückzugs aus der EU".

Die zunächst vollständige Übernahme des EU-Rechts soll einen geordneten Übergang gewährleisten. Anschließend können einzelne Gesetze und Verordnungen vom britischen Parlament geändert oder gestrichen werden. Das sogenannte "Große Aufhebungsgesetz" (Great Repeal Bill) höbe das "Gesetz zu den Europäischen Gemeinschaften von 1972" auf, in dem die britische EU-Mitgliedschaft bislang geregelt ist. Davis sagte, es werde dem Vereinigten Königreich ein Maximum an Sicherheit, Kontinuität und Kontrolle geben.

Zunächst muss es jedoch im Parlament verabschiedet werden. Die Debatten werden voraussichtlich erst im Herbst beginnen, doch schon jetzt ist absehbar, dass den Abgeordneten im Unterhaus epische Kontroversen bevorstehen. Tim Farron von den Liberaldemokraten sagte zu den anstehenden Diskussionen: "Das wird die Hölle." Auch Labour-Politiker haben klargemacht, dass sie das Gesetz in seiner jetzigen Form nicht unterstützen werden. Keir Starmer, Schatten-Minister für den Brexit, fordert Garantien dafür, dass Arbeitnehmer in Großbritannien künftig nicht schlechter gestellt sein werden als in der EU. Zudem fordert er, dass die Europäische Charta der Grundrechte ebenfalls vollständig übernommen wird. Das hat die Regierung bisher nicht geplant.

Ohne die Zustimmung von zumindest Teilen der Opposition könnte es schwierig für die Regierung werden, das Gesetz durchs Parlament zu bringen, da auch viele konservative Abgeordnete den harten Brexit-Plänen von Premierministerin Theresa May skeptisch gegenüberstehen. Es ist davon auszugehen, dass die Regierung vor der Verabschiedung des Gesetzes viele Kompromisse eingehen muss. Einem Bericht des Unterhauses zufolge handelt es sich um "eines der größten legislativen Projekte, die jemals im Vereinigten Königreich unternommen worden sind".

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: